Überwachung: Bundesrat lehnt Motion gegen Chat­kontrolle ab

24. November 2022 um 16:27
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Foto: Chris Yang / Unsplash

Eine Motion verlangt, Bewohnerinnen und Bewohner der Schweiz vor Massenüberwachung zu schützen. Die Sorge findet beim Bundesrat aber wenig Gehör.

Die von der EU geplante Chatkontrolle sorgt für hitzige Diskussionen, auch in der Schweiz. Sie ist Teil eines Gesetzesentwurfes, der den Kampf gegen sexualisierte Gewalt an Kindern im Internet erleichtern soll. Anbieter sollen in die Pflicht genommen werden, Material über sexuellen Kindesmissbrauch in ihren Diensten aufzudecken, zu melden und zu entfernen. Dabei sei auch unter anderem eine Pflicht für Kommunikationsanbieter vorgesehen, private Chatnachrichten zu scannen. Von der Ausspähung betroffen wäre auch verschlüsselte Kommunikation, heisst es unter anderem bei 'Netzpolitik.org'.
Mit einer Motion soll dies in der Schweiz verhindert werden. Der Vorstoss will den Bundesrat auffordern, das "garantierte Recht auf den Schutz von Privatsphäre" durchzusetzen und die Einwohnerinnen und Einwohner "vor der Europäischen Kommission vorgesehenen Chatkontrolle zu schützen". Eingereicht wurde die Motion "Chatkontrolle. Schutz vor anlassloser dauernder Massenüberwachung" von Judith Bellaiche und 5 Mitunterzeichnenden.
Derzeit sei zwar noch unklar, inwieweit Nutzerinnen und Nutzer in der Schweiz von der geplanten Chatkontrolle betroffen seien, schreibt Bellaiche bei inside-it.ch in ihrer Kolumne. Aber der Gesetzesentwurf zeige, dass Anbieter in die Pflicht genommen werden, sobald sie in der EU tätig sind. Auch der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte hat sich mit deutlichen Worten gegen die geplante Chatkontrolle geäussert. Kritik kommt auch von Netz- und Zivilorganisationen.

Konkrete Umsetzung noch unklar

Jetzt hat sich der Bundesrat zur Motion geäussert und beantragt die Ablehnung. Eine kontinuierliche, anlasslose staatliche Überwachung digitaler Kommunikation sei im Vorschlag der EU-Kommission nicht vorgesehen, schreibt er. Als Nächstes müsse das EU-Parlament und der Rat über den Vorschlag entscheiden. Erst dann werde sich zeigen, ob die Verordnung in ihrer jetzigen Form gutgeheissen wird. "Im Moment ist deshalb noch offen, in welcher Form diese neuen Regulierungsvorschriften der EU in Kraft treten werden und inwiefern Messenger-Dienste und andere Anbieter von elektronischen Kommunikationsmitteln in der Schweiz sowie die breite Bevölkerung davon betroffen wären", führt die Regierung aus.
Man verfolge die Entwicklung aufmerksam und wolle allfälligen Handlungsbedarf für die Schweiz frühzeitig identifizieren, so der Bundesrat. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement werde eine Analyse zum Thema erstellen, die unter anderem rechtliche Aspekte und Auswirkungen einer solchen Regulierung durch die EU beurteilen solle.

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