Deep-Learning-Pionier sowie VP und Engineering Fellow bei Google, Geoffrey Hinton, hat nach 10 Jahren bei Google gekündigt. In einem Interview mit der
'New York Times' äussert er seine Zweifel und Bedenken über die möglichen Gefahren von Künstlicher Intelligenz. Er wolle offen über die Risiken von KI sprechen können. Er habe neue Ängste vor der Technologie und ein Teil von ihm bedauere gar sein Lebenswerk, so der 75-Jährige.
Laut der '
New York Times' (Paywall) kündigte der KI-Entwickler seinen Job bereits im vergangenen Monat. In einer Mitteilung sagte sein Chef bei Google, dass er Hintons Arbeit schätzte. Er betonte, dass Google "zu einem verantwortungsvollen Umgang mit KI" verpflichtet bleibe. Wir lernen ständig, neu auftretende Risiken zu verstehen und gleichzeitig mutig Innovationen zu betreiben."
Arbeitsplatzverlust und KI-Missbrauch
2018 verlieh die Association for Computing Machinery (ACM) Hinton sowie den beiden Informatikern Yann Lecun, Yoshua Bengio den Turing-Award. "Geoffs Beiträge zur KI sind enorm", sagte Mitpreisträger Lecun. "Er hatte mir zwar nicht gesagt, dass er plant, Google zu verlassen, aber ich bin nicht allzu überrascht." An der University of Toronto hatte er Jahre zuvor an künstlichen neuronalen Netzwerken gearbeitet. Diese bilden die Grundlage für die heutigen KI-Systeme.
Nun warnt Hinton davor, dass man die KI-Technologie bald nicht mehr verantwortungsvoll handhaben werde. Der Wettbewerb bringe die Tech-Riesen dazu, in einem gefährlichen Tempo immer fortschrittlichere KI zu entwickeln.
Der Durchschnittsbürger könne KI-generierte Fotos, Videos und Texte dann nicht mehr von dem unterscheiden, "was wahr ist". Ausserdem sorgt er sich auch über den Verlust von Arbeitsplätzen: So würden etwa Rechtsassistenten oder persönliche Assistenten und in Zukunft noch andere ersetzt werden.
"Einige haben zwar geglaubt, dass dieses Zeug tatsächlich schlauer werden könnte als die Menschen", sagte Hinton in dem Interview. "Aber die meisten Leute hielten das für völlig abwegig – auch ich. Ich dachte, das sei noch 30 bis 50 Jahre oder noch länger entfernt. Nun denke ich nicht mehr so."
Auch die Gefahren von Sprach-KI wie GPT-4 findet Hinton ziemlich beängstigend, erklärt er gegenüber
'BBC'. Die Chatbots könnten gar bald den Informationsgehalt eines menschlichen Gehirns überholen.
"Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sich die Art von Intelligenz, die wir entwickeln, sehr von der Intelligenz unterscheidet, die wir haben", meint er. "Wir sind biologische Systeme, und dies sind digitale Systeme. Digitale Systeme haben viele Kopien desselben Gewichtssatzes, desselben Models der Welt. Und all diese Kopien können separat lernen, aber ihr Wissen sofort teilen. Es ist also, als hätte man 10'000 Leute, und wenn eine Person etwas lernt, wissen es automatisch alle."
IT-Prominenz forderte KI-Moratorium
Bereits Ende März äusserten sich Experten aus der Tech-Industrie zu den Entwicklungen Künstlicher Intelligenz. In einem offenen Brief forderte die IT-Prominenz eine
sechsmonatige Pause beim Trainieren neuer, leistungsfähiger KI-Systeme. Zu den Unterzeichnern gehörten etwa Elon Musk, der auch Mitgründer von OpenAI ist, Apple-Mitgründer Steve Wozniak und zahlreiche renommierte Forschende aus dem KI-Bereich.
Der Brief wurde von mehr als tausend Personen unterzeichnet. Die Verfasser bekannten darin ihre Sorge, dass die derzeitigen Entwicklungen "ausser Kontrolle" laufen könnten. "Leistungsstarke KI-Systeme sollen erst dann entwickelt werden, wenn wir sicher sind, dass ihre Auswirkungen positiv und ihre Risiken überschaubar sind", war in dem Schreiben zu lesen. Das derzeitige Wettrennen würde solche Ansätze aber verhindern.