Eigentlich hätte die Software Educase zur Verwaltung der Daten von Schülern und dem Lehrpersonal bereits 2019 in allen Volksschulen des Kantons Luzern eingeführt werden sollen. Im Sommer 2021
häuften sich dann Meldungen über gravierende Probleme, von einem "Halbfertigprodukt" war die Rede. Nun bricht der Regierungsrat die Übung ab.
"Das Bildungs- und Kulturdepartement (BKD) hat als Besteller der Software im Einvernehmen mit dem Verband Luzerner Gemeinden (VLG) beschlossen, die weitere Einführung von Educase an den Luzerner Volksschulen zu beenden", heisst es in einer Mitteilung. Der Regierungsrat stimme diesem Vorgehen ebenfalls zu. Grund für diesen Schritt sei die unterschiedliche Auffassung über den bisherigen inhaltlichen und zeitlichen Projekterfolg. Details zur Projektbeendigung würden nicht weiter kommentiert.
In einer Stellungnahme schreibt der Softwarelieferant Base-Net: "Der heute vom Kanton Luzern im Rahmen einer Medienmitteilung kommunizierte einseitige Projektabbruch ist für uns nicht nachvollziehbar." Die Einführung der Software in allen Luzerner Gemeinden sei ein grosses und anspruchsvolles Projekt. Auch die häufigen Wechsel im Departement Volksschulbildung sowie der Projektleitung seien eine grosse Herausforderung. Die Führungswechsel von Charles Vincent zu Aldo Magno und schlussendlich zur interimistischen Leiterin Katrin Birchler hätten die Zusammenarbeit immer wieder erschwert. "Wir sind überzeugt, dass das Projekt erfolgreich zu Ende geführt werden kann", schreibt die Kommunikationsverantwortliche Andrea Elmer. Die Base-Net Education prüfe derzeit rechtliche Schritte.
Nur die Hälfte aller Funktionen verfügbar
Die von der Firma Base-Net Education aus Sursee entwickelte Lösung sollte persönliche Daten von Schülern und Lehrpersonen wie Adressen, Schulwechsel, besuchte Fächer, Stufenübertritte und ähnliches verwalten. Damit sollten zwei zum Teil seit über 20 Jahren eingesetzte Lösungen ersetzt werden.
Der Zuschlag an Base-Net erfolgte im Mai 2014. 2016 verabschiedete der Kantonsrat die entsprechende Botschaft. Für das Projekt waren insgesamt rund 7,7 Millionen Franken für 10 Jahre veranschlagt. Der Kanton hätte die Kosten für die Anschaffung und Wartung der Software übernehmen sollen, die Gemeinden Unterhalt, Support und Hosting.
Im Dezember 2021
bestätigte die Regierung in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, ein Test Ende August hätte gezeigt, dass bei Educase nur rund die Hälfte aller Funktionen den geforderten Ansprüchen genügen würden. Weiter hiess es, Base-Net habe keine Standardapplikation anbieten können, "sondern der Kanton und die Gemeinden gerieten in ein eigentliches Entwicklungsprojekt. Dieses ist hinsichtlich Anforderungen und Ressourcen weitaus komplexer, als eine am Markt erprobte Software einzuführen. Beim Zeitpunkt der Vergabe war dies aus der Offertstellung und den Präsentationen sowie den Referenzen nicht ersichtlich."
Letzte Nachbesserungsfrist von 2 Monaten
Aufgrund der fehlenden Produktereife habe der Rollout bei den grossen Gemeinden (Luzern, Emmen, Kriens, Horw) vertagt werden müssen. Da die Gemeinden aber schon vertraglich vereinbarte Zahlungen entrichtet hätten, "war zudem ein gewisser Druck vorhanden, einen Start nicht weiter zu verschieben".
Der Regierungsrat erklärte weiter im Dezember: "Bezüglich terminlicher Verlässlichkeit wurde nun eine Nachbesserungsfrist von 2 Monaten eingeräumt und es wurde eine neue Gesamtterminplanung erstellt. Bezüglich funktioneller Verlässlichkeit bleibt die Projektleitung der Dienstelle Volksschulbildung auf die Liefertreue und Produktequalität des Lieferanten bzw. seiner Software angewiesen." Ein Projektabbruch würde dann in Erwägung gezogen, wenn der Lieferant nicht in der Lage sei, das vertraglich zugesicherte Produkt hinsichtlich Güte und Termintreue zu liefern. Die Firma Base-Net sagte dazu gegenüber 'Zentralplus': "Alle Parteien sind überaus bestrebt, das Projekt erfolgreich umzusetzen."
Neue Projektorganisation und Planungsschritte
Jetzt also der Stopp. "Für diejenigen Gemeinden, deren Schulen bereits mit Educase arbeiten, wird für die Sicherstellung des Weiterbetriebes eine Lösung angestrebt", so die Mitteilung. Wie das BKD auf Anfrage der Nachrichtenagentur 'Keystone-SDA' mitteilte, stehe die Software bereits in 64 Gemeinden zur Verfügung.
Gleichzeitig sei das BKD vom Regierungsrat beauftragt worden, zusammen mit dem Verband Luzerner Gemeinden die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, "um baldmöglichst eine neue Schuladministrationssoftware zu beschaffen und an den Schulen zu implementieren". Bislang kostete das Projekt laut BKD rund 950'000 Franken. Die Kosten für das neue Projekt, das nun aufgegleist wird, könnten noch nicht abgeschätzt werden. Es werde eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt.
Bildungsdirektor Marcel Schwerzmann sagt in der Mitteilung: "Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die Schulen innert nützlicher Frist über eine zeitgemässe und funktionierende Administrationssoftware verfügen können." Dazu werde sich eine Projektorganisation mit Vertretungen des Kantons und der Gemeinden "so rasch wie möglich konstituieren und die weiteren Planungsschritte einleiten".
Korrigenda: In einer ersten Fassung war fälschlicherweise von der Firma Base-Net Informatik statt Base-Net Education die Rede. Wir haben diesen Fehler korrigiert.
Update, 8. Februar, 9.15 Uhr: Stellungnahme Base-Net Education eingefügt.