Neue Details zum Webseiten-Debakel in Schaffhausen

1. März 2024 um 11:13
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Foto: Alexander Grey / Unsplash

Beim Projekt für den Relaunch der Website des Kantons Schaffhausen ging einiges schief. Ein neuer Bericht spricht von "Informations­manipulationen".

Nach einer langen Projektphase hat der Kanton Schaffhausen 2019 eine neue Website in Betrieb genommen. Das Relaunchprojekt dauerte aber viel länger, als geplant und wurde deutlich teurer. Auch der Funktionsumfang wurde kritisiert. Die Finanzkontrolle (Fiko) der Schaffhauser Verwaltung stellte 2020 fest, dass das Projekt mangelhaft geführt wurde. Beispielsweise sei die Submissionspflicht verletzt worden.
Auch die Geschäftsprüfungskommission (GPK) hat sich dem Projekt angenommen. Der Bericht der GPK ist nicht öffentlich verfügbar, liegt aber der Wochenzeitung 'Schaffhauser AZ' vor.

Komplizierte Struktur

Die IT-Struktur in Schaffhausen und damit auch das Projekt waren laut dem Bericht komplex. Der IT-Dienstleister KSD war in Eigentum von Stadt und Kanton, so hätte auch das Projekt geteilt werden sollen. Allerdings ist die Stadt ausgestiegen. Zudem haben sich demnach die Zuständigkeit für die KSD geändert. Verantwortlich für das Relaunch-Projekt war der damalige Leiter der KSD, der wiederum einen internen Projektleiter beauftragte.
Der GPK-Bericht findet gemäss der 'Schaffhauser AZ' deutliche Worte: Das Projekt habe "in wesentlichen Belangen nicht den geltenden Massstäben genügt" und die Verstösse hätten "umfassende Auswirkung" gehabt. Während des Projekts sei es zu "Informationsmanipulationen" gekommen, und "mit ziemlicher Sicherheit kann behauptet werden, dass dem ehemaligen Leiter der KSD diese 'Informationsmanipulationen' mindestens bewusst waren; er sie womöglich aber gar selbst vorgenommen hat", zitiert die Zeitung. So seien möglicherweise auch Entscheidungen des Regierungsrats beeinflusst worden.

Projektleiter versuchte zu warnen

Der Projektleiter habe den damaligen Verantwortlichen wiederholt darauf aufmerksam gemacht, dass das Projekt technisch auf Abwegen sei. Dies sei schriftlich dokumentiert, wie es im Bericht heisst. Es sei "mehr als fraglich, ob das Produkt überhaupt jemals seinen produktionstauglichen Status erreichen wird", so eine Warnung. Und: Die Software sei weder fertig gedacht noch fertig entwickelt.
Die Probleme sollen vor allem durch das "fehlende CMS- und IT-Verständnis beim Hauptlieferanten BBF" verursacht worden sein. Der Projektleiter habe deshalb zu einem Standard-CMS geraten, worauf die KSD-Leitung aber nicht eingegangen sei. Schliesslich sei der Projektleiter gegangen und seine Aufgaben seien "de facto" vom Dienstleister übernommen worden, so die 'Schaffhauser AZ'.

"Ungutes Bauchgefühl"

Aufgrund der technischen Probleme wurde das Go-live mehrfach verschoben. Offiziell wurde dies mit Erweiterungen der Plattform begründet. Nicht abschliessend klären lasse sich, inwiefern der Regierungsrat im Bilde war. Mit einer Ausnahme wohl nicht, so die Vermutung der GPK gemäss Bericht.
Eine kleine Anfrage 2019 brachte schliesslich etwas Licht in die Vorgänge, die langwierige Aufarbeitung begann. Laut der GPK bleibe jetzt vor allem ein ungutes Bauchgefühl und "der Eindruck, dass beim gesamten Projekt immer irgendwo irgendwas gemischelt wurde", wie die Zeitung zitiert.

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