Noch bis zum 20. Oktober läuft die Vernehmlassung zum neuen E-ID-Gesetz. Das Gesetz sieht vor, dass die E-ID vom Bund herausgegeben wird und den grösstmöglichen Schutz der persönlichen Daten gewährleisten soll. Kürzlich wurde die geplante Gesetzgebung auch in
einem Parldigi-Hearing thematisiert. "Die E-ID soll keine Fussfessel werden", sagte dort der Direktor des Bundesamtes für Justiz Michael Schöll.
Zu den treibenden Kräften hinter dem Referendum zum letzten E-ID-Gesetz gehörte der Verein Digitale Gesellschaft. Im März 2021 scheiterte das Gesetz bekanntlich
deutlich an der Urne. In einer Stellungnahme zur Vernehmlassung begrüsst der Verein jetzt den neuen Gesetzesentwurf und zeigt sich mit dessen Stossrichtung einverstanden. Das Gesetz habe gemäss dem Entwurf ausdrücklich das Ziel, den Schutz der Persönlichkeit und der Grundrechte bei der Verwendung der E-ID zu gewährleisten, schreibt die Digitale Gesellschaft.
Ein "gefährlicher blinder Fleck"
"Allerdings gibt es im Entwurf für das neue E-ID-Gesetz einen gefährlichen blinden Fleck: Es drohen Ausweiskontrollen an allen Ecken und Enden. 'Zeigen Sie Ihren Ausweis!' könnte in Zukunft beim alltäglichen Einkaufen im Internet jederzeit vorkommen", heisst es weiter. Die Digitale Gesellschaft plane deshalb eine weiterführende Volksinitiative für "den verantwortungsvollen Umgang mit Personendaten". Das E-ID-Gesetz überlasse es den Betreibern von Internet-Plattformen, Onlineshops und Websites, "ob und mit welchen Attributen (Name, Alter, Nationalität etc.) sich eine Person ausweisen muss". Somit bestehe die Gefahr, dass ein Ausweis plötzlich für ganz alltägliche Dinge erforderlich sein werde.
"So wie wir uns heute beim Betreten des Schuhgeschäfts nicht ausweisen müssen, möchten wir dies auch zukünftig online nicht tun müssen. Hier muss dringend nachgebessert werden", erklärt Erik Schönenberger, Co-Kampagnenleiter des E-ID-Referendums und Geschäftsleiter der Digitalen Gesellschaft. Eine jederzeitige Ausweiskontrolle solle, wenn überhaupt, der Polizei vorbehalten bleiben.
"Vor alltäglichen Ausweiskontrollen im digitalen Raum schützt auch das neue Datenschutzgesetz nicht: Widerrechtliche Datenbearbeitungen sind ausdrücklich möglich, sofern sie mit einem überwiegenden privaten Interesse gerechtfertigt werden können", schreibt der Verein. In der Praxis seien dadurch zweckfremde Datenbearbeitungen möglich. Weiter könnten die datenschutzrechtlichen Grundsätze über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und "sonstiges Kleingedrucktes" ausgehebelt werden.
Gespräche für Bildung eines Initiativkomitees laufen
Mit einer eidgenössischen Volksinitiative wolle die Digitale Gesellschaft "die notwendige Debatte über den verantwortungsvollen Umgang mit Personendaten insgesamt lancieren". Man sei bereits in Gesprächen mit Organisationen aus dem digitalpolitischen und Datenschutz-Umfeld sowie Politikerinnen und Politikern für die Bildung eines Initiativkomitees, erklärt Geschäftsleiter Schönenberger gegenüber inside-it.ch. Der Start der Unterschriftensammlung sei für Frühling 2023 geplant.
"Wir haben gemerkt, wir müssen das Momentum aus dem E-ID-Referendum nutzen und die Debatte weiterführen", sagt er. "Die Datennutzung braucht das Vertrauen der Bevölkerung." Kürzlich wurde im Nationalrat auch eine parlamentarische Initiative eingereicht, welche die Aufnahme der "digitalen Integrität" in das Kapitel Grundrechte
der Bundesverfassung fordert. Die Digitale Gesellschaft verfolge den parlamentarischen Vorstoss mit Interesse, so Schönenberger, "dieser gehört für uns ebenfalls zur wichtigen Debatte um Datenschutz und Datennutzung". Mit der eigenen Volksinitiative werde der Verein aber mehr auf eine Anpassung von Artikel 13 der Bundesverfassung ("Schutz der Privatsphäre") abzielen.