Palantir hat neue Verträge mit dem US-Verteidigungsministerium unterzeichnet. Der umstrittene Datenanalyse-Konzern entwickelt für die Streitkräfte der USA Tools, die auf Machine Learning beruhen und militärische Aktionen wie Drohnenangriffe effektiver machen sollen. Kostenpunkt für ein Jahr: Bis zu 229 Millionen Dollar. Erst vor wenigen Tagen hatte Palantir einen weiteren Auftrag bekanntgegeben. Für die US-Einwanderungsbehörde ICE sollen für fast 96 Millionen über 5 Jahre Leistungen erbracht werden.
Palantir wurde von Milliardär Peter Thiel mitgegründet und erhielt nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 Startkapital der CIA. Trump-Unterstützer Thiel hatte den Konkurrenten Google 2018 scharf kritisiert, weil dieser einen Auftrag des US-Militärs nicht umsetzen wollte. Damals hatten Google-Mitarbeitende
gegen das militärische Projekt "Maven" protestiert. Die Konzernleitung entschied sich darauf, den Auftrag auslaufen zu lassen. Palantir sprang ein, nicht ohne auf Kritik zu stossen. Auch der Auftrag für ICE sorgte für Aufsehen: Amnesty International wirft Palantir vor, dabei seine Sorgfaltspflicht in Sachen Menschenrechte zu missachten.
Im Board des Konzerns finden sich mehrere ehemals hohe US-Militärs und Ex-Beamte aus der Homeland Security. Einen Kontrapunkt zu Thiel wollte Mitgründer und CEO Alex Karp setzen, der sich selbst gerne als innerhalb der USA "eher links" bezeichnet. In seinem regelmässigen Brief an Aktionäre zitierte er im Frühling den kritischen Philosophen Theodor W. Adorno und monierte den "Eskapismus" der "Tech-Eliten" in den USA. Seine Firma agiere nicht im "Metaversum", sondern wolle reelle Herausforderungen bewältigen, schrieb er.
Anlass war der Krieg in der Ukraine. "Unser Unternehmen, und die Welt, steht am Scheideweg", hiess es in jenem Brief. Das Geschäft des Unternehmens, das lange unprofitabel wirtschaftete, konnte mittlerweile beachtlich zulegen. Zu den Kunden von Palantir gehören auch Unternehmen. Mit dem neuen Vertrag übersteigen aber nun die Einnahmen mit staatlichen Stellen jene aus der Privatwirtschaft, wie
'Bloomberg' (Paywall) schreibt.
Hauptsitz in der Schweiz, Diskussionen in Deutschland
Vorzeigekunden von Palantir in der Schweiz sind der Medienkonzern Ringier, die Grossbank Credit Suisse und der Rückversicherer Swiss RE. Behördenkunden aus der Schweiz sind keine bekannt, das Bundesamt für Gesundheit (BAG) lehnte ein Angebot zum Pandemiemanagement ab, wie die
'WOZ' berichtete. Anders sah das in Holland und Griechenland aus.
Milliardär Karp kaufte im Herbst 2021 ein Wohnhaus in der Gemeinde Freienbach im Kanton Schwyz. Ganz in der Nähe in der Ortschaft Altendorf hatte sein Konzern im selben Jahr
den Europahauptsitz errichtet. Im Frühling arbeiteten noch 40 Personen dort, das Team wollte Palantir aber verdoppeln, wie Manager Courtney Bowman an einem
Webinar von Greater Zurich Area erklärte. Schweizer Medien besuchten Palantir in Altdorf und liessen sich von Bowman über den Parkplatz führen. Erkenntnis: Null.
In Deutschland sorgt das Unternehmen aber derzeit für Schlagzeigen. Ein Auftrag des Landeskriminalamtes von Nordrhein-Westfalen für Analysesoftware soll statt ursprünglich 14 Millionen Euro nun fast 40 Millionen inklusive Lizenzkosten über 5 Jahren betragen. Der Auftrag hatte bereits die Datenschutzbeauftragte aktiv werden lassen.
Das Bayrische Landeskriminalamt hat Palantir
in diesem Frühling ebenfalls einen Auftrag für ein Recherche- und Analysesystem erteilt, das verschiedene Datenquellen automatisch miteinander verknüpft und auswertet. Das hat Signalwirkung. Denn unter dem Bayrischen Rahmenvertrag können sich weitere Polizeikorps Dienste von Palantir ohne Ausschreibung sichern. Dies rief damals den bayrischen Datenschützer auf den Plan, der den Auftrag als "hochproblematisch" bezeichnete.