Polycom: Bund rechnet mit weiteren Verzögerungen des Notfallfunknetzes

19. April 2022 um 09:38
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Der Parallelbetrieb von alten und neuen Komponenten dürfte Mehrkosten verursachen. 55'000 Nutzer zählt das System.

Die Erneuerung des Notfallfunk-Sicherheitsnetzes Polycom für Polizei, Feuerwehr, Sanität und Grenzwacht kommt weiterhin nur schleppend voran. Zwar steht die Installation der neuen Komponenten in allen Kantonen unmittelbar bevor. Mehrere Risiken bleiben aber bestehen.
Beim im Jahr 2016 initiierten Erneuerungsprojekt des nationalen Kommunikationssystem Polycom, über das Behörden und Blaulichtorganisationen kommunizieren, hatte es in den vergangenen Jahren verschiedene Probleme gegeben. So wurden beispielsweise die hohen Sicherheitsanforderungen unterschätzt. Aus diesem Grund kam es zu grossen Verzögerungen. Der Bund ergriff Massnahmen.
Am Donnerstag meldete das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) nun, dass die Kantone sowie das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) das erneuerte System voraussichtlich im Juli 2022 ausrollen sollen. Babs-Direktorin Michaela Schärer schreibt in einem Newsletter von einem "strategischen Meilenstein".
Die Inbetriebnahme des erneuerten Systems birgt jedoch weiterhin "hohe Projektrisiken", wie es in einer Mitteilung heisst. Insbesondere könne weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass alte und neue Komponenten über 2025 hinaus parallel betrieben werden müssten. Das würde zu Mehrkosten führen.
Im Hinblick auf den geplanten Rollout im Sommer schreibt das Babs, dass gegenwärtig noch "einige sicherheitsrelevante Funktionalitäten" fehlten, um den reibungslosen operativen Betrieb zu gewährleisten.

Umsetzungsziel bleibt bestehen

Bei den Erneuerungsarbeiten sollen neue Komponenten für den Funk in die kantonalen Datennetze von Polycom eingebettet werden. Diese Datennetze müssen gegen Cyberangriffe geschützt werden.
Gemäss Angaben des Bundes läuft seit Ende 2021 ein Pilot im Kanton Aargau, bei dem verschiedene Softwareprobleme festgestellt wurden. Davon habe eine Vielzahl behoben werden können. Im Mai beginne darum im zweiten Pilotkanton, dem Kanton Bern, der Austausch der alten Systeme. Ein aktualisierter Plan für die Migration der weiteren Kantone erfolge im Mai. Laut Babs bleibt es das Ziel, bis Ende 2024 alle Basisstationen und Komponenten zu migrieren.
Mit der Integration beauftragt ist die Firma Atos. Sie ist auch in einer Taskforce von Bund und Komponentenhersteller Airbus vertreten, welche die Probleme schnellstmöglich zu lösen versucht. Diese Taskforce wurde dem Babs zufolge im März verstärkt.
Polycom wird derzeit von täglich 55'000 Nutzerinnen und Nutzern angewendet. Das laufende Projekt soll die Nutzung des Funksystems bis 2030 sicherstellen.

Verzögerungen auch beim Datenverbundsystem

Verzögerungen gibt es gemäss früheren Angaben des Bundes auch beim Aufbau des sicheren Datenverbundsystems (SDVS). Dies, weil es aufgrund der "grossen technischen Komplexität" zunächst einer Gesamtbeurteilung unterzogen wurde. Nun wird das Vorhaben gemäss Mitteilung vom Februar in drei Projekte aufgeteilt – in das Projekt "sicheres Datenverbundnetz" und in die Projekte "Datenzugangssystem" und "Lageverbundservices".
So könnten zunächst die dringenden und umsetzungsreifen Projektschritte vorgenommen werden, schreibt das Babs. Noch im Frühling sollen die Projekte "sicheres Datenverbundnetz" und "Datenzugangssystem" in die Konzeptphase starten. Das Babs stockt dafür das Personal auf.

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