

Exklusiv! Software-Lobby führt Gewerbesteuer in der Schweiz ein
13. Januar 2006 um 17:30Und hier noch unsere Freitagabend-Nachricht.
Und hier noch unsere Freitagabend-Nachricht.
Seit Jahr und Tag weibelt die Business Software Alliance (BSA), eine Lobby-Organisation von grossen Software-Herstellern wie Microsoft, Adobe, Apple oder Symantec, durch die Lande. Mal hängt man Droh-Plakate auf ("Sie haben noch 30 Tage Zeit!"), mal werden CDs öffentlich eingestampft, mal schlägt man mit Studien um sich.
Bereits im Dezember veröffentlichte die BSA eine "Studie" von IDC.
Nun fand diesen Mittwoch in Zürich eine Pressekonferenz statt, an der die gleichen Zahlen noch einmal vorgestellt wurden. Wir besuchten die Veranstaltung in der Hoffnung, über die Grundlagen und Berechnungsweise der doch erstaunlichen (um nicht zu sagen: idiotischen) Zahlen aufgeklärt zu werden.
Doch weit gefehlt: BSA Zentraleuropa Regionalmanager Georg Herrnleben (Foto) wiederholte vor einer doch ansehnlichen Journalistenschar die bereits vor einem Monat veröffentlichten Zahlen - begründen konnte er sie nicht. Auf unsere Frage, wie es möglich sei, dass die Schweizer IT-Branche bei einem Umsatz von 14,5 Milliarden Franken, Steuereinnahmen von 14,7 Milliarden generiere (Behauptung BSA), erhielten wir verschiedene Aussagen. Erst sagte Herrnleben, die indirekten Steuern und die Einkommensteuern der Mitarbeitende der IT-Branche seien da halt einberechnet. Auf unseren Hinweis, die Mehrwertsteuer betrage in der Schweiz 7,6 Prozent - ob die Branche wesentlich mehr Löhne bezahle, als sie Umsatz macht, meinte der Lobbyist: "Da ist eben auch die Gewerbesteuer drin." Gewerbesteuer?
Zudem hat Herrnleben offensichtlich Mühe mit der deutschen Sprache. So bezeichnete er die Thesen von IDC ("Bei einer Reduktion der Piraterierate um jährlich 2,5 Prozentpunkte entstehen in der Schweiz 6'000 zusätzlich Arbeitsplätze) konsequent als "Statistik". Ein Statistik, liebe BSA, ist eine nachvollziehbare Erhebung von Zahlen aus der Vergangenheit. Keine Projektion von nicht nachvollziehbaren Behauptungen in die Zukunft.
In einem Boot mit Bund und Medien
Es braucht wenig volkswirtschaftliche Kenntnisse, um die Unsinnigkeit der Behauptungen der BSA zu erkennen. So ist es höchst unwahrscheinlich, dass bei einer Senkung der "Piraterierate" - wenn also beispielsweise mehr Software von Microsoft gekauft stattt illegal kopiert würde, in der Schweiz tatsächlich viele Jobs entstehen würden. Schliesslich unterhalten die allermeisten BSA-Mitglieder in der Schweiz reine Vertriebs- und Supportorganisationen - mehr Umsatz bedeutet vor allem mehr Gewinn. Und auch ein geklauter Exchange-Server macht Arbeit.
Erstaunlich, dass sich der Bund für die BSA-Propaganda-Veranstaltung einspannen liess. Dr. Felix Addor vom Eidg. Institut für Geistiges Eigentum stellte das Projekt "Stop Piracy", einer privat-öffentlichen "Schweizer Plattform gegen Fälschung und Piraterie" vor.
Ebenso erstaunlich ist, dass die Zahlen der BSA von verschiedenen Medien immer wieder mehr oder weniger unkritisch abgedruckt. (Christoph Hugenschmidt)
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