Die Google-Schwesterfirma Sidewalk Labs hat Pläne, Torontos Hafenviertel in eine der ersten High-Tech "Smart Cities" der Welt zu verwandeln, abrupt aufgegeben.
Der CEO von Sidewalk Labs, Daniel Doctoroff, schreibt in einer Mitteilung, dass die Corona-Krise und damit einhergehende Unsicherheiten dazu führten, dass das Projekt namens "Quayside" nicht mehr realisierbar sei. "Da auf der ganzen Welt und auf dem Immobilienmarkt von Toronto eine beispiellose wirtschaftliche Unsicherheit eingesetzt hat, ist es zu schwierig geworden, das 12 Acres (5 Hektaren, Anm. d. Red.) grosse Projekt finanziell tragfähig zu machen, ohne zentrale Teile des von uns entwickelten Plans zu opfern", schrieb er.
Inwiefern dies die ganze Wahrheit ist, sei dahingestellt. Das ambitionierte Projekt an zentraler Lage direkt am attraktiven Seeufer von Toronto stand rasch in der Kritik von Datenschutz-Aktivisten, die das Projekt als "Überwachungskapitalismus" bezeichneten.
In der Tat schwärmte Sidewalk-Labs-Partner Google bei unserem Besuch im Visitor Center von den ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Chancen von Big-Data-Analysen und versprach in blumigen – aber vagen – Formulierungen, die Privatsphäre der künftigen Bewohner zu respektieren. Zudem erhielt
inside-it.ch – und wohl alle Fragenden – als Antwort auf die Frage nach dem Business Modell die treuherzige Antwort "es gibt keines".
Es gab
im Visitor Center auch andere Gründe, das eigentlich hoch spannende Projekt mit Skepsis zu betrachten.
Die Spannungen zwischen Anwohnern sowie weiteren Skeptikern und Sidewalk Labs/Google nahmen in der Folge schnell zu, als Journalisten interne Pläne enthüllten, die Firma wolle 190 Acres (77 Hektaren) erstklassiger Grundstücke am Wasser entwickeln - weit mehr als die vereinbarte Fläche.
Das Unternehmen hatte prognostiziert, dass die Entwicklung zunächst 3,9 Milliarden Dollar gekostet hätte, wobei das Unternehmen geplant hatte, 900 Millionen Dollar zu investieren.
Im Gegenzug wollte die Firma eine Senkung der Grundsteuern, der Erschliessungsgebühren und des aus der Erschliessung resultierenden Wertzuwachses des Landes anstreben - schätzungsweise 6 Milliarden Dollar über 30 Jahre, wie das 'Wall Street Journal' vorrechnete.
Angedacht waren Wolkenkratzer aus Holz, die Entwicklung neuartiger Materialien, beheizte und beleuchtete Trottoirs, Recycling-Roboter, öffentliches Wi-Fi und natürlich eine Vielzahl von Kameras und anderen Sensoren zur Überwachung des privaten und öffentlichen Lebens sowie des Verkehrs.