Öffentlichkeitsgesetz: Bundesrat bricht langjähriges IT-Projekt zur zentralen Einsicht ab

9. September 2021 um 14:22
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Für ein zentrales Register amtlicher Dokumente ist die Datenbereinigung laut Regierung zu aufwändig. Ein solches ist in der Botschaft zum BGÖ aber vorgesehen.

Der Bundesrat hat ein langjähriges Projekt abgeblasen, in dessen Rahmen ein zentrales Register für amtliche Dokumente hätte aufgebaut werden sollen. Vorgesehen wurde dieses online zugängliche Register bereits 2004, als das Schweizer Parlament das Öffentlichkeitsgesetz (BGÖ) verabschiedete. Dem BGÖ zufolge kann jede Person Einsicht in Informationen und amtliche Dokumente der Bundesverwaltung erhalten, ausser es wird die Privatsphäre Dritter verletzt oder die Sicherheit der Schweiz gefährdet.
Die Einsicht in amtliche Dokumente und damit auch die Überprüfung von Behördenhandlungen durch Journalisten, NGO oder Private wäre mit dem zentralen Register enorm erleichtert worden. Die Menge an Daten ist riesig, wie einem Bericht des Bundesarchivs zu entnehmen ist: Über 120 sogenannte aktenbildende Stellen haben um die 15,5 Millionen Dossiers mit insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Dokumenten produziert.
Eine erste Pilotanwendung für die zentrale Einsicht wurde bereits 2012 vom Bundesarchiv entwickelt und getestet. Damals hiess es, die technischen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das Projekt wurde 2013 auf Eis gelegt. Grund: Die Verzögerungen im Monsterprojekt Gever, in dessen Rahmen bundesweit die Elektronische Geschäftsverwaltung ersetzt wird. Das neue System ist mittlerweile aber breit ausgerollt und soll bis Ende 2021 in der gesamten zentralen Bundesverwaltung in Betrieb sein.
Dennoch folgt nun der Abbruch seitens des Bundesrates. Wie dem Bericht des Bundesarchivs zu entnehmen ist, gab es auch Widerstand aus der Verwaltung. Das Archiv sollte Ende 2019 prüfen, ob ein zentrales Register die beste Lösung ist, um Informationen zu suchen und Zugang zu amtlichen Dokumenten zu erhalten. Eine Evaluation zusammen mit dem Beratungsunternehmen Infraconsult zeigte den Mehrwert für Suchende. Zugleich wurde der Aufwand für die Bereinigung der Daten vor der Publikation, um Daten- und Informationsschutz sicherzustellen, problematisiert.
Das Bundesarchiv prüfte drei Varianten "light" mit verschieden detaillierten Informationen. Die Beurteilung von Kosten und Nutzen erfolge anhand einer subjektiven Einschätzung der Autoren, heisst es im Bericht. Sämtliche Varianten sind dabei durchgefallen. Das Projektteam empfiehlt folglich keine Umsetzung eines zentralen Registers. In keiner Variante sei das Verhältnis von Aufwand der Bereinigung und Mehrwert für die Öffentlichkeit in einem angemessenen Verhältnis, begründet nun auch der Bundesrat den Abbruch.
In der Botschaft zum Öffentlichkeitsgesetz heisst es indes: "Längerfristig sollte die Errichtung eines zentralen Registers der amtlichen Dokumente angestrebt werden." Rechtlich verpflichtend ist dies nicht. Der Bundesrat legt es nun offenbar neu aus. Die Verwaltungsstellen sollen auf ihrer Website sowie auf einer zentralen Liste beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (EDÖB) einen Kontakt für die Behandlung von Anfragen gemäss Öffentlichkeitsgesetz angeben. 

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