Zu verseucht: Deutscher Bundestag muss sein Netzwerk aufgeben

11. Juni 2015 um 07:37
  • security
  • bsi
  • cyberangriff
  • russland
  • deutschland
image

Hacker haben das IT-Netzwerk des deutschen Bundestages so schwer verseucht, dass es wohl nicht mehr gesäubert werden kann.

Hacker haben das IT-Netzwerk des deutschen Bundestages so schwer verseucht, dass es wohl nicht mehr gesäubert werden kann. Spezialisten empfehlen den Aufbau eines neuen Netzwerks, weil sie mit dem alten die Sicherheit nicht mehr garantieren können.
Die Spezialisten des deutschen Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seien zum Schluss gekommen, dass das Bundestags-Netzwerk "nicht mehr verteidigt werden könne" und aufgegeben werden müsse. Das berichteten die 'Süddeutsche Zeitung' und 'WDR' am Mittwoch.
Nach der Mitte Mai bekannt gewordenen Cyberattacke habe das BSI der Bundestagsverwaltung empfohlen, das Netzwerk neu aufzubauen, berichtete der Rechercheverbund der drei Publikationen.
Derzeit könne nicht ausgeschlossen werden, dass aus dem Bundestags-Netzwerk noch immer unbemerkt Daten abfliessen, hiess es unter Berufung auf beteiligte Spezialisten.
Hacker geben sich Admin-Rechte
Dem oder den Angreifern ist es demnach gelungen, den Verzeichnisdienst des Bundestages zu übernehmen: In dem Dienst werden die Parlamentsrechner, insgesamt mehr als 20'000 Stück, als Netzwerk organisiert. Der oder die Hacker hätte somit Zugriff auf beliebige Systeme des Bundestages sowie auf alle Zugangsdaten der Fraktionen, Abgeordneten und Bundestagsmitarbeiter.
Auch weil die Angreifer mittlerweile Administratorenrechte im Bundestag an sich gebracht hätten, solle nun das alte Netzwerk aufgegeben und ein neues Netzwerk aufgebaut werden, heisst es im Bericht des Rechercheverbunds.
Die Geheimschutzstelle, der NSA-Untersuchungsausschuss und die Personalverwaltung des Bundestages seien von dem Angriff offenbar nicht betroffen, da sie besonders gesicherte Netzwerke nutzen.
"Totalschaden" befürchtet
"Die Trojaner sind noch immer aktiv", hiess es laut 'Spiegel Online' aus Parlamentskreisen. Nach Angaben von mehreren mit dem Fall vertrauten Quellen fliessen demnach weiterhin Bundestagsdaten aus dem "Parlakom"-Netz in unbekannte Richtung ab.
In Parlamentskreisen wird laut 'Spiegel Online' bereits von einem drohenden "Totalschaden" gesprochen: Womöglich müsse nicht nur die Software der "Parlakom"-Rechner neu installiert, sondern auch die komplette Hardware ausgetauscht werden. Dies würde Monate dauern und Kosten in mehrstelliger Millionenhöhe verursachen.
Als Konsequenz des Hackerangriffs habe das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik inzwischen Teile des parlamentarischen Datenverkehrs über das besser gesicherte Datennetz der Bundesregierung umgeleitet.
Russland in Verdacht
Unterdessen verdichten sich laut 'Spiegel'-Angaben, dass die Spur der Cyberattacke in "östliche Geheimdienstkreise" führt. Experten lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass der russische Auslandsnachrichtendienst SWR hinter der Spähaktion stecke.
Ein Parlamentsausschuss soll am Donnerstag über die Untersuchungsergebnisse des zuständigen Bundesamtes unterrichtet werden. (sda/mim)

Loading

Mehr zum Thema

imageAbo

Wie Cyberkriminelle an Zugangsdaten kommen

Europol analysiert in einem aktuellen Report Techniken von Cyberkriminellen. Diese werden immer ausgefeilter.

publiziert am 12.6.2025
image

Bacs verstärkt Kooperation mit Banken

Das Bundesamt für Cybersicherheit erweitert seine Zusammenarbeit mit dem Swiss Financial Sector Cyber Security Centre. Insbesondere der Informationsaustausch wird verbessert.

publiziert am 11.6.2025
image

Cisco stellt Security-Lösungen für KI-Agenten vor

Agentenbasierte KI vervielfacht Risiken in Unternehmen, schreibt Cisco und stellt passende Lösungen vor.

publiziert am 11.6.2025
imageAbo

Im Cybercrime-Untergrund herrscht Unruhe

Aktionen von Justizbehörden häufen sich. Ein Whistleblower leakt Daten zu Ransomware-Hintermännern. Security-Experten äussern sich zu deren Analyse.

publiziert am 10.6.2025