Vogt am Freitag: Altman und Nadella gewinnen beim Uno

24. November 2023 um 10:08
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Diese Woche war die halbe Welt unfreiwillig Zeuge einer sehr unwürdigen Partie Uno, die wahrscheinlich mit gezinkten Karten gespielt worden ist. Denn es war schon vorher klar, wer gewinnt.

Es war ein sehr unwürdiges Schauspiel, das sich diese Woche bei OpenAI abspielte. Ich habe es in einem Linkedin-Posting mit einer Partie Uno verglichen, die ich so gern mit meinen Kindern spiele. Und ich finde die Analogie passt auch heute noch perfekt: Wir finden die Seitenwechsler-Karte besonders cool, denn spätestens nach dem fünften Mal haben wir keine Ahnung mehr, wer jetzt nach wem an der Reihe ist.

Was war passiert?

Und so ähnlich ging es im Vorstand von OpenAI zu und her, notabene einem Milliardenkonzern:
Zuerst hat OpenAI seinen CEO Sam Altman rausgeschmissen, dann wollte das Unternehmen ihn wieder einstellen. Weil das aber nicht klappte, machte er Tech-Chefin Mira Murati zur interimistischen CEO, um nur 2 Tage später mit Emmet Shear den nächsten Interimschef vorzustellen.
In der Zwischenzeit zog Altman einen Farbwünscher aus dem Ärmel und unterschrieb zusammen mit seinem damaligen VRP bei Microsoft. Ungefähr 500 Angestellte von OpenAI wollten ihm zu Microsoft folgen, ausser der VR trete geschlossen zurück, wie es in einem offenen Brief hiess. Stand jetzt bleiben sie. Denn der VR wurde tatsächlich ausgetauscht und – Trommelwirbel – Sam Altman ist zurück auf dem Chefsessel.

Ein Spiel mit gezinkten Karten

Ich halte das für ein Spiel mit gezinkten Karten, bei dem alle Mitspieler – darunter Microsoft-CEO Satya Nadella – die böse 4+-Karte gleichzeitig in den Händen hielten. Es ging um viel, nicht nur um Ruhm und Ehre wie bei uns daheim am Küchentisch. Sondern um nichts weniger als die Zukunft von ChatGPT und die Frage: Soll die Software so schnell wie möglich zu einem Riesenhaufen Geld gemacht werden oder soll es weiterhin darum gehen, den Non-Profit-Geist, der bei der Gründung des Startups noch dominierte, weiterleben zu lassen?

Lösung kann nur Aufspaltung von OpenAI sein

Seit der inszenierten Rückholaktion von Altman ist das nun geklärt: Altman und Nadella gewinnen offensichtlich den Richtungsstreit. Deshalb müssen jetzt alle, die sich für den ethischen Einsatz von KI stark machen, zwei Handvoll Karten vom Nachziehstapel nehmen. Altman und OpenAI-Mitbesitzer Nadella rufen derweil gleichzeitig "UNO!" und legen ihre letzte Karte hin. Sie haben gewonnen. Vorerst?
Diese Frage bleibt offen. Ich finde aber auf jeden Fall, dass der Non-Profit-Ansatz keinesfalls verloren gehen sollte, sondern unbedingt erhalten werden muss. Das klappt aber im aktuellen Firmenkonstrukt nicht. Denn Kommerzialisierung und Ethik unter einem Dach funktionieren selten.
Ich sehe deshalb nur eine Lösung, damit Ethik, Moral sowie der diskriminierungsfreie Einsatz von ChatGPT doch noch möglich wird: die Aufspaltung von OpenAI in eine wissenschaftlich-fokussierte Firma, die als NGO für die Forschung fungiert und eine profitorientierte Firma, die den kommerziellen Vertrieb verantwortet.

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