In der IT-Branche gibts zu wenig Frauen, das Bild ist in praktisch allen Industrienationen dasselbe. Hierzulande beträgt der Frauenanteil in der ICT-Lehre 14%, in der IT-Berufswelt 17%, in der Softwareentwicklung gerade einmal 11%. Diese Zahlen nannte die Zürcher Volkswirtschaftsdirektion Carmen Walker Späh bei der
Vorstellung einer Kampagne, die das ändern soll. Gemeinsam mit ICT-Berufsbildung, Digitalswitzerland und Taskforce4women will der Kanton Frauen für IT-Berufe begeistern.
So weit, so gut. Das Anliegen ist berechtigt und mit Sicherheit könnte der allgegenwärtige Fachkräftemangel gemindert werden, würden sich mehr Frauen für eine technische Lehre oder ein Studium melden.
Das "männliche" Image der Informatik ist falsch
Aber warum tun das nur wenige? Oder anders gefragt: Warum tun es viel mehr Männer? Die Aussensicht auf IT-Berufe sei geprägt von Motiven, die für Männer wichtiger seien, sagte Philipp Zutt vom Forschungsunternehmen Zutt & Partner, der sich mit der Thematik auseinandergesetzt hatte. Dieses verzerrte Bild habe sich in vielen Köpfen festgesetzt und beeinflusse die Berufswahl.
Diese Aussensicht ist selbstredend genauso falsch wie das Image des Programmierers, der stundenlang alleine am Rechner sitzt – ohne Team und Kontakt zur Aussenwelt.
Leider haben sich die Verantwortlichen der Kampagne entschieden, mit anderen Klischees gegenzuhalten. Eine neue
Landingpage (
man beachte die URL), die Mädchen asprechen soll, ist in pink gehalten und stellt Ada Lovelace vor,
eine Informatikpionierin. "Sie durfte nicht studieren, war mit 19 verheiratet und mit 20 Mutter. Ihr Leben schien vorbestimmt"... Doch dann, bumm: "Erfand sie das erste Computerprogramm der Welt. Die Grundlage für all deine Smartphone-Apps." Noch schlimmer ist nur noch die KI-generierte Frau, die einen von der Website angrinst.
Fast beleidigende Kampagne
Doch damit noch nicht genug: Die vorgestellte "Emotions-Toolbox" (
PDF) soll einen Leitfaden liefern, wie Frauen emotional für die ICT-Welt zu gewinnen seien. Man solle Austausch, Kreativität und sinnvolle Tätigkeiten zeigen statt technische Geräte, stereotype Hackerwelten, Komplexität, Überforderung und Einsamkeit. Aber abgesehen davon geizt dieser nicht mit Klischees und Plattitüden:
Empfohlen werden warme, freundliche Farben und inspirierende Umgebungen. Ausserdem möge man (vermutlich eher Mann) eine bildliche, einfache Sprache verwenden. Kurze Sätze seien überdies besser als viel Text und wer betont, dass "technische Kompetenzen erlernbar sind", sei klar im Vorteil.
Klischees können nicht mit neuen Klischees besiegt werden
Echt jetzt? Und warum sollen potenzielle Arbeitgeber damit Frauen eher ansprechen als Männer? So wichtig weiblicher IT-Nachwuchs auch ist, diese Kampagne zielt am Tor vorbei. Mehr noch: Die Empfehlung für eine "einfache, bildliche Sprache" könnte manche Frau sogar noch als Beleidigung empfinden.
Mir scheint, als wollten die Verantwortlichen damit das eine Klischee – in der IT arbeiten nur Nerds – mit anderen zu besiegen. Leider kann dieses Spiel niemand gewinnen. Da gibt es nur Verlierer.