Wie Oracle in die Multi-Cloud-Welt passen will

27. Oktober 2022 um 12:02
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Larry Ellison, Gründer und Cheftechnologe von Oracle, auf der Bühne in Las Vegas.

Souveräne und White Label Cloud, kritische Workloads und hybride Umgebungen: Oracle gibt Einblicke in seine Cloud-Zukunft und erklärt, was sie für Partner und Kunden bringt.

"Kunden wählen mindestens zwei der grossen Infrastruktur-Anbieter, hinzu kommen diverse SaaS-Lösungen", sagte Oracle-Gründer Larry Ellison letzte Woche an der Cloudworld-Konferenz in Las Vegas. Kunden würden mit verschiedenen Herstellern zusammenarbeiten, "diese Realität haben wir verstanden", so Ellison, der im Konzern als Cheftechnologe amtet.
Diese Realität habe auch das Verhalten der Anbieter verändert. Applikationen und Plattformen seien einfacher zu portieren, glaubt der Oracle-CTO. Ähnlich wie früher die Oracle Datenbank auf unterschiedlicher Hardware betrieben werden konnte, könne sie nun in verschiedenen Clouds betrieben werden. Das Mantra "Oracle on Oracle" scheint nicht mehr zu gelten, wie in Las Vegas von verschiedenen Seiten zu hören war.
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Billy Kneubühl, Country Manager Schweiz bei Oracle.
Ellison illustriert die Öffnung der Oracle-Cloud am Beispiel der Verbindung zu Azure. Schon 2019 stellten die beiden Unternehmen "Oracle Interconnect für Microsoft Azure" vor: Eine direkte, physische Verbindung der beiden Plattformen. Mittlerweile ist der Service in rund 10 Regionen verfügbar, darunter Frankfurt, erklärte der Schweizer Country Manager Billy Kneubühl.
Die Zusammenarbeit werde ausgebaut, sagte Ellison in seiner Keynote in Las Vegas. Die Verbindung ermöglicht es Kunden, die die Oracle Autonomous Database auf der Public-Cloud-Plattform von Oracle (OCI) betreiben, eine Verbindung zu Azure-Analysetools und KI-Workloads herzustellen, ohne die Daten kopieren zu müssen.

Wie sich Oracle positioniert haben will

Die 5 grössten US-Public-Cloud-Anbieter teilen sich mehr oder weniger den Markt – auch in Europa. Unter den grössten Hyperscalern ist Oracle zwar ein vergleichsweise kleiner Player, versucht aber, sich klar zu positionieren.
Mehrere Aspekte werden von verschiedenen Managern betont: Die Stärke im Bereich Data-Management, die Offenheit der Cloud gegenüber anderen Anbietern sowie die verschiedenen Wege in die Cloud, die man den Kunden anbiete.
Ein grosser Teil der weltweiten Daten würden in Oracle-Datenbanken liegen, so Leo Leung, VP Product Marketing OCI. Dies gelte auch für sehr kritische Workloads in sensiblen Branchen wie dem Gesundheitswesen. Leo Leung betonte zudem die Flexibilität. Kunden würden mehrere Anbieter nutzen. "Das zu leugnen, ist sinnlos", so der Oracle-Manager im Gespräch. Man versuche deshalb, den Kunden verschiedene Alternativen aufzuzeigen, wie sie Oracle-Services, -Applikationen und Cloud-Angebote nutzen können.
OCI werde stetig ausgebaut und wachse. Man sei in 40 Regionen live, dazu seien 7 weitere in Planung, bilanzierte Clay Magouyrk, EVP Oracle Cloud Infrastructure. Wenn man über den Zugang zur Public-Cloud spreche, dürfe man aber nicht nur von den Regionen sprechen. Man müsse sicherstellen, dass die Kundschaft auf unterschiedliche Cloud-Lösungen von verschiedenen Anbietern zugreifen könnten.
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Clay Magouyrk, EVP Oracle Cloud Infrastructure.
Während sich Oracle zu Beginn im Public-Cloud-Bereich vor allem auf Workloads, Storage sowie Data und Analytics fokussiert habe, seien in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von neuen Funktionalitäten hinzugekommen. Magouyrk nennt unter anderem Container und Serverless Kubernetes, Networking sowie Investitionen in den Bereichen Machine Learning und Künstliche Intelligenz als jüngste Ergänzungen. MySQL Heatwave Lakehouse erlaube es, auch Daten zu nutzen, wenn sie nicht in einer MySQL-Datenbank gespeichert sind.

Erst ein Drittel der Workloads in der Cloud

Die Public Cloud sei der wichtigste "Technologie-Beschleuniger" überhaupt, erklärte Magouyrk an seiner Keynote weiter. Sie erlaube schnellere Innovation, Skalierbarkeit und eine globale Reichweite. Dennoch würden erst 32% der Workloads in der Cloud betrieben.
Nur weil es eine Technologie gebe heisse es nicht, dass diese auch genutzt werde, so der OCI-Verantwortliche. Er sieht verschiedene Gründe, warum Unternehmen nicht in eine Cloud migrieren. Dies könnten einerseits Gesetze und Regulierungen sein, die etwa einen bestimmten Datenstandort vorschreiben. Andererseits gebe es Bedenken, weil ein Migrationsprojekt teuer und aufwändig sein kann. Von Kunden höre man zudem, dass die Kosten des Betriebs, höher ausfallen, als erwartet.
Allerdings sei es für die Unternehmen auch eine Herausforderung, die eigene Infrastruktur zu betreiben, sagte uns Oracle-Schweiz-Chef Billy Kneubühl in einem Gespräch nach der Konferenz. Mit dem Weg in die Cloud könne man auch dem Fachkräftemangel im Betrieb entgegenwirken, so Kneubühl.

Neues Know-how bei Kunden und Partner nötig

Nicht nur die Migration, sondern auch der anschliessende Betrieb einer Cloud-Landschaft mit SaaS und PaaS könne für die Unternehmen eine Herausforderung sein. In den Firmen brauche es dafür neues Know-how und überarbeitete Rollen, so Kneubühl. Schon allein die Beschaffung ändere sich. Man kaufe nicht mehr eine Lösung und schreibe diese über die nächsten Jahre ab. Unternehmen müssten verstehen und abschätzen können, was es bedeute, wenn man für Spitzenzeiten beispielsweise die Systeme eines Onlineshops hochskalieren möchte.
Als ein weiteres Beispiel für Veränderungen durch die Cloud nennt Oracle Senior Vice President Richard Smith den Bezug von Software als Service. Beim ERP-System Fusion rolle Oracle regelmässig Updates und neue Features für Kunden aus, so der Technology- und Cloud-Verantwortliche. Der Vorteil sei, dass sämtliche Kunden auf der gleichen Version seien. Allerdings bedeute dies in den Unternehmen auch, dass regelmässig neu getestet werden müsse. "Wir liefern Innovationen, aber der Kunde muss auch etwas dafür tun", bilanzierte der EMEA-App-Verantwortliche Cormac Watters vor Journalisten.
Somit überrascht es auch nicht, dass Watters Know-how in den Bereichen Data-Migration und -Testing als wichtige Skills für die Oracle-Partner nennt. Agilität sei ebenfalls wichtig, ISVs müssten innert kürzester Zeit einen Prototypen entwickeln und Apps rasch implementieren können. "Ausserdem müssen unsere Partner das Business der Kunden kennen und verstehen", so Watters im Gespräch. Dies gelte insbesondere auch für Kunden in kritischen Branchen wie dem Gesundheitswesen, dem Banken- oder Versicherungswesen.
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Cormac Watters, EMEA EVP Applications bei Oracle.
Für jeden Kunden ein Cloud-Weg
Ziel sei nicht, sämtliche Kunden in eine Public-Cloud zu holen, man wolle verschiedene Optionen bieten können, sagte EMEA-Chef Watters weiter.
Die Frage der Daten-Souveränität werde immer wichtiger, meinte auch der OCI-Verantwortliche Clay Magouyrk. Es brauche aber auch hierfür eine Cloud-Lösung. Denn die einzige Alternative wäre ein reiner On-Prem-Betrieb. "Das wollen wir nicht", so der Manger.
Ein Ansatz sind dedizierte Regionen. Oracle hat solche bereits für Grossbritannien und Nordamerika angekündigt. Im Sommer stellte der Konzern zudem die Souvereign-Cloud für die EU vor. Ab 2023 sollen private Unternehmen und Behörden die Sovereign-Cloud-Regionen von OCI nutzen können. Dies könnte auch für Schweizer Kunden, die im europäischen Ausland aktiv sind eine interessante Lösung sein, sagte Schweiz-Chef Kneubühl.
Ein anderer Ansatz ist Alloy. Oracle kündigte in Las Vegas an, mit Alloy OCI sozusagen in die Rechenzentren der Kunden und Partner zu bringen. Die Partner von Oracle, die Alloy verkaufen, agieren selbst als Cloud-Anbieter und können OCI auch unter einem eigenem Brand bereitstellen. Auch dies könnte eine Lösung für Kunden mit sensiblen Daten sein, denn der Partner kümmert sich um den Betrieb und kann eine Datenhaltung im Land gewährleisten.
Interessenbindung: Die Gespräche mit den internationalen Oracle-Managern wurden im Rahmen der Cloudworld in Las Vegas geführt. Dazu wurde die Autorin vom Hersteller eingeladen (Flug, Hotel).

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