Im vergangenen Dezember hat der Grosse Rat von Basel-Stadt eine Motion "Für ein Grundrecht der digitalen Integrität"
deutlich angenommen. Sie fordert vom Regierungsrat, eine Änderung der kantonalen Verfassung vorzulegen, die ein Grundrecht für jede Person im Kanton auf digitale Integrität festschreibt.
Der Paragraf 11, Abs. 2, der Verfassung soll neu heissen: "Das Recht auf Wahrung der digitalen Integrität und dabei insbesondere das Recht auf Schutz vor missbräuchlicher Verarbeitung von Daten, das Recht auf Sicherheit im digitalen Raum, das Recht auf ein Offline-Leben sowie das Recht auf Vergessen."
In seiner
Stellungnahme (PDF) hält der Regierungsrat jetzt fest, die von der Motion neben dem Grundsatz der Wahrung der digitalen Integrität vorgesehenen vier Teilgehalte würden mehrheitlich Aspekte umfassen, die bereits heute von anderen Grundrechten erfasst werden. "Auf den ersten Blick scheint lediglich das Recht auf ein Offline-Leben heute nicht vollumfänglich grundrechtlich geschützt und daher effektiv eine Neuheit zu sein."
Mögliche Vorgabe für Gerichte
Die Regierung teile aber das Anliegen der Motionärinnen und Motionäre im Grundsatz. Vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklungen wie KI, der digitalen Transformation und der zunehmenden Möglichkeiten der Datenbearbeitung und -speicherung nehme "der Ruf der Bürgerinnen und Bürger nach Schutz vor Eingriffen in ihre Rechte im digitalen Raum daher verständlicherweise zu".
"Die Forderung nach einem Grundrecht auf digitale Integrität betrifft jedoch massgeblich auch den privatrechtlichen Bereich", heisst es weiter. Eine Regelung auf kantonaler Ebene könne nur im öffentlich-rechtlichen Bereich greifen und dürfe nicht den Eindruck erwecken, sie biete Schutz im Verhältnis zwischen Privaten.
Trotz des "sehr beschränkten direkten Anwendungsbereichs und des Umstands, dass beinahe sämtliche Aspekte des neuen Grundrechts bereits heute grundrechtlich geschützt sind", glaubt der Regierungsrat, dass ein zusätzliches kantonales Recht das Thema in den Fokus rücken könnte. Auch könne dieses eine Vorgabe für die Gerichte bilden und eine allgemeine gesetzgeberische Stossrichtung vorgeben.
Verfassungsbestimmung wird vorbereitet
Die Basler Regierung sei deshalb bereit, eine Verfassungsbestimmung vorzubereiten, mit der das inhaltliche Anliegen der Motion umgesetzt wird. Der von der Motion diktierte Wortlaut des Grundrechts überzeuge hingegen nicht vollständig, auch formuliere er nur einen "Abwehranspruch". Der Regierungsrat möchte deshalb "sorgfältig prüfen, ob darüber hinaus auch die digitale Inklusion sowie Sensibilisierung der Bevölkerung und/oder die Datensouveränität in die Verfassung aufgenommen werden sollte". Aus diesen Gründen beabsichtigt die Regierung die Ausarbeitung einer Verfassungsbestimmung mit anderem Wortlaut und anschliessend die Durchführung einer Vernehmlassung.
In seiner Stellungnahme verweist der Basler Regierungsrat auch auf Vorstösse in anderen Kantonen. So hat die Stimmbevölkerung in den Kantonen Genf
und Neuenburg entsprechende Verfassungsänderungen angenommen. Im Kanton Zürich soll in diesem Jahre eine Volksinitiative der Piratenpartei für ein Grundrecht auf digitale Integrität zur Abstimmung kommen. Dort empfiehlt der Zürcher Regierungsrat eine Ablehnung. Er anerkenne zwar, dass die digitale Integrität von Personen wichtig sei, hiess es zur Begründung. Diese sei aber durch bestehende Gesetze und Regelungen genügend geschützt.