Die Situation ist verfahren und die beteiligten Parteien haben ihre Meinung mehrfach öffentlich dargelegt. Der Winterthurer Provider Init7 und die Wettbewerbskommission sind gegen die Pläne der Swisscom, für den weiteren Ausbau des Glasfasernetzes die Punkt-zu-Multipunkt-Technologie zu verwenden. Dies haben sowohl
Init7-CEO Fredy Künzler wie auch
Carole Söhner-Bührer von der Weko in Interviews mit uns klargemacht. Gleichzeitig will Swisscom nicht von seinen Plänen und dem gewählten Ausbaustandard abrücken, wie der designierte
CEO Christoph Aeschlimann gegenüber inside-it.ch sagte.
Aktuell sind zwei Verfahren zum Thema hängig: Einerseits gehts beim Bundesgericht um die vorsorglichen Massnahmen, die Swisscom
derzeit verbieten, mit der Punkt-zu-Multipunkt-Technologie gebaute Anschlüsse zu vermarkten. Andererseits geht es im Hauptverfahren darum, nach welchem Standard Swisscom das Glasfasernetz bauen muss. Während das Urteil des Bundesgerichts noch dieses Jahr erwartet wird, kann es bis zum endgültigen Entscheid im Hauptverfahren noch Jahre dauern. Zumal dieser von beiden Parteien noch weitergezogen werden kann.
Bis zum Urteil des Bundesgerichts ists nicht mehr weit
Insbesondere weil das Urteil des Bundesgerichts in den kommenden Monaten fallen dürfte, und durchaus richtungsweisenden Charakter haben wird, erstaunt der Zeitpunkt, zu dem die Firma Swiss Fibre Net (SFN) mit seinem Kompromissvorschlag an die Öffentlichkeit geht. SFN ist eine Art Vermittler zwischen lokalen Energieversorgern sowie Providern wie Salt oder Sunrise UPC und fordert Swisscom zur Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft auf. "Bestehende und künftige FTTH-Ausbauprojekte sind im Rahmen von Kooperationen bei der Finanzierung, beim Bau und auch beim Betrieb voranzutreiben", schreibt das Unternehmen in einer Mitteilung.
Angesprochen auf den Zeitpunkt, sagt SFN-CEO Andreas Waber, dass man den Vorschlag auch ohne Weko-Intervention lanciert hätte. "Wir glauben, dass es das richtige Vorgehen ist, um einen guten Mix zwischen den Infrastrukturen der Swisscom und den Energieversorgern sowie Kabelnetzprovidern im Glasfaserausbau zu ermöglichen." Für die Mitfinanzierung des Ausbaus sei man im Austausch mit möglichen Investoren. Zu deren Herkunft wollte Waber auf Nachfrage allerdings keine Stellung beziehen.
Swisscom und Init7 halten nicht viel vom SFN-Vorschlag
Swisscom hält nicht viel von diesem Vorschlag. Dieser sei nicht neu und würde auch nicht für einen effizienteren Glasfaserausbau sorgen. Im Gegenteil: "Die vorgeschlagene Lösung würde diesen unweigerlich weiter verzögern", schreibt Sprecher Josef Huber. Zudem sei die Bereitschaft von Swisscom zu Kooperationen, falls ein investitionswilliger Partner existiere, bekannt und belegt. Einen "Kooperationszwang lehnt Swisscom allerdings ab." Man wolle auch die Freiheit haben, das Netz alleine zu bauen.
Auch Init7-CEO Fredy Künzler sagt: "Der Vorschlag von SFN ist alter Wein in neuen Schläuchen". Swisscom habe genau dieses Konzept bereits im März 2021 bei der Instruktionsverhandlung am Bundesverwaltungsgericht vehement abgelehnt, so Künzler. Für ihn sei es lediglich ein Versuch der SFN zu sagen: "Hallo! Wir sind auch noch da!"
Tatsache ist jedoch, dass nur eine einvernehmliche Lösung den zeitnahen und raschen Glasfaserausbau in der Schweiz ermöglicht. Ob der Vorschlag von Swiss Fibre Net dazu beiträgt, wird sich zeigen. Ganz uneigennützig ist er indes nicht: Statt wie bisher nur als Vermittler zwischen EWs und Providern aufzutreten, würde SFN bei der Umsetzung des eigenen Kompromissvorschlags plötzlich Mitbesitzer von Glasfasernetzen und wäre operativ direkt beteiligt.