Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) muss sein Fingerabdruck-Identifikationssystem (Afis) ersetzen. Die Ablösung durch ein neues System ist
seit längerem geplant. Im April 2023 sprach der Bund einen Kredit von 25 Millionen Franken für das Projekt. Das künftige Afis soll neben Abdrücken von Fingern und Handflächen auch Gesichtsbilder vergleichen können.
Im Herbst 2023
veröffentlichte das Fedpol einen Request for Information, im Juli 2024 folgte dann die öffentliche Ausschreibung. Jetzt hat das Fedpol den Auftrag vergeben. Eingegangen sind zwei Angebote. Für 18,9 Millionen Franken hat Thales Schweiz den Auftrag erhalten. Das Unternehmen habe "die beste Bewertung der Zuschlagskriterien bezüglich fachtechnischer Anforderungen sowie Präsentation erreicht und den günstigsten Preis angeboten", heisst es zur Begründung auf Simap.
Aus Afis wird Abis
Der Rahmenvertrag enthält laut Pflichtenheft Grundleistungen wie Entwicklung und Integration, Datenmigration sowie Lizenzen. So müssen 22,6 Millionen Fingerabdruck- und Handflächenbilder aus dem alten System migriert werden. Dazu kommen optionale Leistungen wie Weiterentwicklung und Erweiterungen. In Betrieb genommen werden soll das neue Afis-System im Juni 2027. Das Fedpol geht von einer maximalen Lebensdauer bis 2032 aus.
Gesucht wurde in der Ausschreibung explizit ein Anbieter, der sowohl ein Afis-System für automatisierten Fingerabdruckabgleich wie auch ein Modul für Gesichtsbildabgleich (Ges) im Portfolio hat. Das Fedpol spricht in diesem Zusammenhang und der möglichen Ausweitung der Abgleiche dann vom System Abis – einem "Automatisierten biometrischen Identifikationssystem", bestehend aus Afis- und Ges-Modul.
Abgleich von 1,4 Millionen Gesichtsbildern
In der Beschaffung war stets die Rede von Gesichtsabgleich und nicht Gesichtserkennung. So könne in einem Strafverfahren ein Bild einer verdächtigen Person mit den im System gespeicherten erkennungsdienstlichen Bildern abgeglichen werden. Andere Quellen wie Fotos von Ausweisen oder aus den sozialen Netzwerken würden für den Abgleich nicht verwendet werden. Auch werde das Gesichtsbild von gesuchten Personen nicht automatisch und in Echtzeit mit Überwachungskameras abgeglichen. Doch das sorgte bereits 2023
für Diskussionen. Die Strafrechtsprofessorin Monika Simmler von der Universität St. Gallen stufte die geplante Gesichtsabgleichung als schweren Grundrechtseingriff ein.
Im Pflichtenheft heisst es, während mit der DNA-Datenbank "Codis" bereits seit dem Jahr 2000 eine nationale Datenbank zum diesbezüglichen Abgleich existieren würde, sei dies bei Gesichtsbildern nicht der Fall. "Eine wesentliche Vorarbeit für den künftigen Gesichtsbildabgleich wurde in den vergangenen Jahren bereits realisiert. Im derzeitigen Afis G5 sind rund 1,4 Millionen Gesichtsbilder (Mugshots) von ca. 390'000 Personen hinterlegt", schreibt das Fedpol. Aufgrund von Rückmeldungen vergleichbarer, internationaler Kompetenzzentren für den Gesichtsbildabgleich könne künftig von jährlich 100'000 nationalen und internationalen Anfragen ausgegangen werden.