Um die gesetzliche Grundlage für Justitia.Swiss zu schaffen, hat der Bundesrat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, bis Ende 2022 einen Entwurf zum neuen Bundesgesetz über die Plattform für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) vorzulegen. Wie einer Mitteilung des EJPD zu entnehmen ist, hat der Bundesrat die Resultate der Vernehmlassung zu einem BEKJ zur Kenntnis genommen und jetzt das weitere Vorgehen festgelegt. Auf Anfrage erklärt man beim EJPD, dass der Ende Jahr angepasste Gesetzesentwurf frühestens in der Herbstsession 2023 behandelt werden könne.
Bei der Kommunikationsplattform geht es um das zentrale Element des
seit 2019 unter dem Namen Justitia 4.0 laufenden Umbaus der Schweizer Justizlandschaft. Im Auftrag der Justizdirektorinnen und -direktoren und der Justizkonferenz sowie unter Einbezug der Anwaltschaft sollen bis 2026 die heutigen Papierakten durch eine E-Akte ersetzt werden. Alle an einem Justizverfahren beteiligten Parteien sollen dereinst über eine sichere, zentrale Plattform mit den Gerichten, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsbehörden Daten austauschen können.
Um die zur Realisierung notwendigen rechtlichen Grundlagen zu schaffen, hatte der Bundesrat im Herbst 2020 eine entsprechende Vorlage
in die Vernehmlassung geschickt. Allerdings ist die Umsetzung auch ohne rechtliche Grundlage schon in der Umsetzung und hat bereits
zu einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht geführt. Dabei ging es darum, dass der demokratische und rechtsstaatliche Prozess auf den Kopf gestellt wird, wenn bereits
die Plattform beschafft und in Betrieb gehen soll, ohne dass die notwendigen rechtlichen Grundlagen dafür bestehen, wie die Digitale Gesellschaft behauptete. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht
Anfang 2022 einen Nichteintretensentscheid gefällt hat, ist die Beschwerde inzwischen vom Tisch.
Der ursprüngliche BEKJ-Entwurf hat laut EJPD nach der Vernehmlassung einige Anpassungen erfahren. So sind der von Bund und Kantonen gemeinsam geplante Aufbau und Finanzierung der neuen digitalen Kommunikationsplattform nicht mehr zwingend. "Kann oder will sich ein Kanton nicht an der neuen Plattform beteiligen, soll dieser die Möglichkeit haben, eine eigene kantonale Plattform aufzubauen und zu betreiben. Der Bund wird für diesen Fall technische Minimalstandards festlegen, damit die Interoperabilität zwischen allen Plattformen gewährleistet werden kann." Auch die zunächst beabsichtigte "subsidiäre Zuständigkeit des Bundes", sei entfallen. Zudem sollen "den Kantonen und der Anwaltschaft Übergangsfristen eingeräumt werden, um sich auf die neue Kommunikationsform einzustellen" und "das Schlichtungsverfahren im Zivilprozess von der Verpflichtung zur digitalen Kommunikation ausgenommen werden".
Unter anderem wegen der Ausnahmen bei der ursprünglich beabsichtigten Pflicht zur elektronischen Aktenführung dürfte die anvisierte digitale Zukunft der Schweizer Justiz nicht papierlos sein. Aber das ist nur ein Punkt, der den Räten noch reichlich Diskussionsstoff liefern wird. Nicht zuletzt deshalb, weil es bei dem Gesetz in Sachen Justiz 4.0 auch um Datenschutz und IT-Sicherheit geht und um Kompetenzen für den Aufbau, Betrieb und Weiterentwicklung der Kommunikationsplattform.