Im Streit um den Glasfaserausbau scheint sich der Nebel ein wenig zu lüften. Ab dem 1. Januar 2023 will Swisscom nämlich wieder Glasfaseranschlüsse anbieten, die private Haus- und Wohneigentümer beantragen können. Der "Turning Point": Der Telco baut die Anschlüsse jetzt doch im Point-to-Point-Verfahren (P2P-Verfahren).
Und das entgegen der ursprünglichen Pläne von Swisscom, für den weiteren Ausbau des Glasfasernetzes die günstigere Punkt-zu-Multipunkt-Technologie (P2MP-Anschlüsse) zu verwenden. Ein Vorzeichen einer Kapitulation?
Richtungswechsel für Init7 erfreulich
Seitens des Winterthurer Providers Init7 hagelte es mehrfach Kritik – und die Wettbewerbskommission (Weko) startete eine Untersuchung, die nach wie vor läuft. Die Weko und Init7 sind sich einig: Ein Ausbau des Glasfasernetzes mit der Punkt-zu-Multipunkt-Architektur soll verhindert werden, so
Init7-CEO Fredy Künzler und
Carole Söhner-Bührer von der Weko in Interviews mit inside-it.ch.
Momentan sind noch zwei Verfahren in der Pipeline: Zum einen muss sich das Bundesgericht um die vorsorglichen Massnahmen kümmern. Diese verhindern derzeit, dass die Swisscom
mit P2MP gebaute Anschlüsse vermarkten darf – unter anderem um Wettbewerbsnachteile bis zum Entscheid im Hauptverfahren zu mildern. Ein finales Urteil soll noch dieses Jahr kommen.
Im Hauptverfahren geht es darum, ob Swisscom das Schweizer Glasfasernetz mit P2P- oder mit den günstigeren P2MP-Anschlüssen bauen muss. Die Beteiligten feilschen um eine Lösung. Nun kann der eingangs erwähnte Swisscom-Entscheid auf einen Richtungswechsel hindeuten. Auf der Internetseite wirbt der Telco mit einem Angebot, bei dem Private Glasfaseranschlüsse wieder mit dem teureren P2P-Anschluss bestellen können. Für Init7 "erfreulich".
P2MP wird bereits zurückgebaut
Der Telco gibt sogar noch weiter nach. Er baut teilweise schon erstellte P2MP-Anschlüsse wieder auf die P2P-Technologie um, wie Sprecher Sepp Huber gegenüber der
'Aargauerzeitung.ch' bestätigte. Ausserdem will das Unternehmen den Bau von P2P ausweiten. So will es nicht vermarktbaren P2MP-Anschlüssen entgegenwirken. "Vom neuen Angebot profitieren alle Liegenschafts-Eigentümer, bei denen Glasfasern bereits bis in die Strasse gezogen wurden (FTTS-Anschlüsse)", sagt Huber weiter. Dies sei etwa bei der Hälfte der Internetanschlüsse der Fall.
Kostengünstig ist das Ganze aber nicht gerade. Gemäss Swisscom müssen die Eigentümer einen Teil der Kosten übernehmen. Ein Haus mit 4 Wohnungen müsse zum Beispiel mit rund 10'000 Franken rechnen. "Die Kostenbeteiligung durch einen Liegenschaftseigentümer umfasst nicht die Kosten für den individuellen Glasfaseranschluss, sondern ist ein Beitrag an die Mehrkosten, die durch das Vorziehen des Ausbaus am Standort für die Planung und Realisierung entstehen", erklärt Huber. "Die Mehrkosten ergeben sich aus dem Wegfall von Skaleneffekten, die in einem regulären Flächenausbau in der Standortgemeinde realisiert werden könnten."