Kanton Zürich regelt "Juris"-Nachfolge mit einem Freihänder

23. August 2024 um 06:31
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Nach dem Aus von "Juris X" und der Vertragsauflösung mit Lieferant Abraxas hat die Zürcher Justizdirektion eine neue Justizlösung für den Vollzug gefunden. Die Glaux Group erhält 32,7 Millionen Franken.

Die Justizdirektion des Kantons Zürich hat einen freihändigen Zuschlag an die Glaux Group erteilt. Diese ist mindestens für die nächsten fünf und optional drei weitere Jahre für die Lieferung, Realisierung und Einführung und Betrieb einer Fachapplikation für die elektronische Fall- und Aktenführung im Justizvollzug zuständig.
Der Auftrag ist 32,7 Millionen Franken wert, wie aus einem heute publizierten Zuschlag auf Simap hervorgeht. Glaux liefert den Zürchern also seine Standardsoftware Gina, die Glaux seit der Übernahme des Berner Herstellers Ultrasoft im Portfolio hat.

Abraxas siegte vor "Gina" von Ultrasoft

Das Projekt hat eine Vorgeschichte: Im Jahr 2018 erhielt Abraxas einen Zuschlag über 14,8 Millionen Franken für seine Justizlösung Juris X. Zwei Angebote gingen damals ein und die unterlegene Partei war, wie inside-it.ch erfuhr, Ultrasoft mit "Gina". Die Firma legte damals Beschwerde gegen die Vergabe ein, aber nach einem langen Hin und Her erhielt der Kanton Zürich schliesslich Recht für seine Vergabe an Abraxas.
Nur: Richtig in die Gänge kam das Projekt nie. Seit dem Jahr 2000 ist bis heute im Justizvollzug der Züricher Justizdirektion die selbst entwickelte und in die Jahre gekommene Software "RIS I" im Einsatz. Juris X war nie in Betrieb und Ende 2023 zog Abraxas den Stecker ganz: Der Anbieter zog sich aus dem Marktsegment Justiz zurück und verkaufte seine Produktpalette Juris an den Anbieter Logobjects. Dieser übernahm bei der Transaktion die Fachapplikationen Juris 4 und 5 inklusive der laufenden Kundenverträge. Erstere ist zwar auch beim Kanton Zürich in Betrieb, aber bei den Gerichten und nicht im Vollzug. Die dafür gedachte Lösung Juris X gibts heute nicht mehr; diese wurde eingestellt.

"Gina" kommt doch noch zum Zug im Kanton Zürich

Dies führte laut Simap zu einem "massiven Projektrückstand von fünf Jahren". Die bisherige Lösung RIS I sei beim Start des Projekts bereits veraltetet gewesen und "ist es mittlerweile erst recht". Darüber hinaus werde das "Führen der elektronischen Akte per 1. Januar 2026 mit einer zweijährigen Übergangsfrist obligatorisch". Die Justizdirektion begründet mit diesen Argumenten die Notwendigkeit der freihändigen Vergabe. Bei einem offenen Verfahren wäre die Einführung der neuen Lösung "im günstigsten Fall frühestens im dritten Quartal 2027" gelungen; im Fall eines selektiven Verfahrens noch später.
Nun kommt also Gina im Kanton Zürich doch noch zum Einsatz, nachdem die Software vor sechs Jahren noch den Kürzeren zog. Betrieben wird sie – sofern in den nächsten 20 Tagen keine Beschwerde gegen den freihändigen Zuschlag eingeht – von Glaux in einem Rechenzentrum von Swisscom, wie inside-it.ch erfahren hat. Durch den Rückzug von Abraxas und die Einstellung der Justizvollzugslösung Juris X hat Glaux aber auch praktisch eine Monopolstellung in dem Bereich. Die einzige Alternative für den Kanton wäre entsprechend eine erneute Eigenentwicklung gewesen, wie es RIS I war.

Anschluss an Justitia 4.0

Gleichzeitig läuft bei der Justizdirektion eine Marktabklärung Nachfolgelösungen für die Eigenentwicklung RIS II, die in der Strafuntersuchung zum Einsatz kommt, und für Juris 4 von mittlerweile Logobjects bei den Gerichten. Es müssen die technischen Voraussetzungen für Justitia 4.0 geschafft werden.

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