Illustration: Erstellt durch inside-it.ch mit Midjourney
In der EU sind die ersten Bestimmungen des AI Acts in Kraft getreten. In der Schweiz hingegen verzögert sich der Bericht zur KI-Regulierung. Das sorgt für Kritik.
Am 2. Februar sind in der EU die ersten Bestimmungen des AI Acts in Kraft getreten. Im März 2024 hatte das EU-Parlament grünes Licht für "das weltweit erste KI-Gesetz" gegeben. Mit Inkrafttreten sind KI-Systeme verboten, die "unannehmbare Risiken" für die Sicherheit, Gesundheit oder Grundrechte darstellen, ausser wenn es um die "nationale Sicherheit" geht.
Mit dem Stichtag müssen Unternehmen, die KI entwickeln oder einsetzen, ihre Systeme nach dem Grad des Risikos bewerten und geeignete Massnahmen ergreifen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. In der EU soll es zum Beispiel keine Emotionserkennung am Arbeitsplatz oder in Bildungseinrichtungen geben. Auch Gesichtserkennung im öffentlichen Raum soll grundsätzlich nicht erlaubt sein. Sicherheitsbehörden dürfen sie aber einsetzen, wenn das der Aufklärung von Straftaten wie Terrorismus dient.
Weiter müssen Anbieter und Betreiber von KI-Systemen ab jetzt sicherstellen, dass alle Personen, die mit der Entwicklung oder dem Betrieb von KI-Systemen befasst sind, über ein ausreichendes Mass an "KI-Kompetenz" verfügen.
Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen
Der AI Act hat auch Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen. In einer Artikelserie haben Gastautorinnen und -autoren diese letztes Jahr für inside-it.ch analysiert. "Eine Schweizer Firma, die ein KI-basiertes Produkt per Website vertreibt, muss mit dem AI Act konform sein, sobald dieses Produkt von der EU aus zugänglich ist. Es reicht sogar, dass der Output eines KI-Systems in der EU durch Dritte zur Anwendung kommt", schrieb Kevin Schawinski, CEO des KI-Unternehmen Modulos, in seinem Beitrag "Schweizer Firmen sind gefordert".
Professorin Nadja Braun Binder von der Universität Basel hielt mit Blick auf eine KI-Regulierung in der Schweiz fest: "Die Meinungen hinsichtlich des notwendigen Handlungs- und vor allem Rechtsetzungsbedarfs in der Schweiz in Bezug auf Künstliche Intelligenz gehen auseinander. Mit dem Inkrafttreten der KI-Verordnung der EU ist jedoch eines klar: Nichtstun ist keine Option."
KI-Bericht des Bundes war auf Ende 2024 angekündigt
Der Bundesrat hatte im November 2023 das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, "mögliche Ansätze zur Regulierung von KI aufzuzeigen und dabei alle Bundesstellen mit einzubeziehen, die bei den betroffenen Rechtsbereichen federführend sind". Geprüft werde der Regulierungsbedarf mit besonderem Augenmerk auf die Einhaltung der Grundrechte. Berücksichtigt werden sollen auch die technischen Standards sowie die finanziellen und institutionellen Auswirkungen der unterschiedlichen Regulierungsansätze.
Die Regierung wolle dabei auf bestehendes Schweizer Recht aufbauen und mögliche Regulierungsansätze aufzeigen. Bei Vorstössen im Bundesparlament zum Thema KI wurde in der Folge vom Bundesrat regelmässig auf den angekündigten Bericht verwiesen.
Bis Ende 2024 sollte dieser vorliegen, hiess es in den bundesrätlichen Antworten immer wieder. Doch die Veröffentlichung lässt auf sich warten. Auf Anfrage von inside-it.ch erklärt die Medienstelle des Bakom: "Der Bundesrat wird die Auslegeordnung zur Regulierung von KI voraussichtlich Mitte Februar besprechen und zu gegebener Zeit informieren." Zu der Verzögerung sei es gekommen, "da bei diesem komplexen Thema die Bereinigung der Ämterkonsultation mehr Zeit erforderte als ursprünglich geplant".
Situation in der Schweiz ist "unhaltbar"
Daniel Kettiger
Die Verzögerung sorgt für Kritik. Rechtsanwalt Daniel Kettiger, der sich beruflich mit Digitalisierung und Recht befasst, und am Nationalen Forschungsprogramm "NFP 77 – Digitale Transformation" mitwirkte, findet die Situation "unhaltbar". Gegenüber inside-it.ch moniert er: "Es darf doch nicht sein, dass die Industrie- und Technologienation Schweiz einfach keine Farbe in Sachen KI-Regulierung bekennen will."
Seit dem 2. Februar würden jetzt Regelungen der KI-Verordnung der EU gelten und im Sommer weitere in Kraft treten. "Schweizer Unternehmen wissen nicht, ob die Massnahmen, die sie in Sachen EU-Recht treffen, dann mit der schweizerischen Regulierung kompatibel sein werden. Wir sind daran, die gleichen Fehler zu machen wie beim Datenschutzrecht", so Kettiger.