Opacc: Bussmann räumt sein Büro

25. November 2024 um 13:12
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Die neu-alte Opacc-Geschäftsleitung ( v.l.n.r.): Daniel Arnold, Christian Reiter, Stéphane Barbey, Cris Wouters, Jürg Merz und Regina Grippenberg.

Ab 2025 hat der Luzerner Software-Anbieter eine neue Führung. Erster "rotierender CEO" wird Cris Wouters. Mehrheitsaktionär und Spiritus Rector Beat Bussmann zieht sich auf den Posten des VRP zurück.

Beat Bussmann, Gründer, Mehrheitsaktionär und Galionsfigur des Luzerner Software-Anbieters Opacc, tritt auf Ende Jahr als CEO zurück. Er werde sein Büro am 31.12. 2024 räumen, sagte er vergangen Donnerstag vor rund 400 Kunden und Mitarbeitenden an einem Kundenevent in Luzern. Genau wie vor mehreren Jahren angekündigt, wird Bussmann durch die Geschäftsleitung und einen "rotierenden CEO" ersetzt. Bussmann selbst übernimmt den Posten des Verwaltungsratspräsidenten von Adrian Bult, der aber im VR bleibt.
Die erste Schicht als CEO übernimmt Cris Wouters. Wouters ist seit 1998 bei Opacc und leitete zuletzt den Bereich Bestandskunden. Die Botschaft an die Kunden ist klar: Mit Wouters wird Kontinuität und der Fokus auf Qualität signalisiert.
Bussmann wird seinen Anteil von 80% an Opacc behalten. 10% hält weiterhin CTO Christian Reiter. Die letzten 10% liegen bei einer Stiftung, über die wiederum die 25 Partner, allesamt langjährige Mitarbeitende, beteiligt sind. Innerhalb des Verwaltungsrats wird Bussmann zudem den Ausschuss, der über das Produkt wacht, leiten.
Es habe in der Geschäftsführung und unter den Partnern mit Exekutiv-Funktionen auch valable Alternativen zu Wouters gegeben, sagte Bussmann an einer kurzen Medienveranstaltung. Für Wouters habe gesprochen, dass er alle Kunden und die Firma sehr gut kenne. Er werde für drei bis sieben Jahre an seinem Posten bleiben, sagte dieser. "Wir schauen uns das wieder an", so Wouters.
Die exekutive Verantwortung für Opacc trägt die Geschäftsleitung. Zu ihr gehören Stéphane Barbey (Produktentwicklung), Daniel Arnold (Unternehmensentwicklung), Regina Gripenberg (CFO), Jürg Merz (Neuprojekte) und eben Cris Wouters. Man will aber aktiv jüngere Mitarbeitende fördern. So präsentierten im Verkehrsmuseum auffallend viele jüngere Mitarbeitende und unter ihnen auffallend viele Frauen neue Produkte und Features.

Eine neues Userinterface, viele kleine Weiterentwicklungen, erste Schritte mit KI

Die Ablösung von Bussmann ist von langer Hand vorbereitet und wird genau so umgesetzt, wie angekündigt. Entsprechend überraschte die Ankündigung der neuen Organisation von Opacc das Publikum nicht. Ein grosser Teil der Veranstaltung war Neuerungen in der Software gewidmet. Das neue Userinterface "Nytron" ("Die grösste Investition in der Geschichte von Opacc") wurde in Version 2 gezeigt. Unter dem schönen Namen "Cloud Integration Services" werden innerhalb der Opacc-Oberfläche externe (kostenpflichtige) Dienste wie Deepl (Übersetzung), digitale Signaturen, Active Campaign (Marketing Automatisierung) und vieles mehr zugänglich.
Diverse andere Module von Opacc wie Warehouse-Management wurden verbessert. Schick ist der mobile Client. Die App für den mobilen Client ist ein Entwicklungsframework. Damit lassen sich einzelne Prozesse über ein Skript individuell abbilden.
Mit der "Commerce Suite" hat Opacc ein neues, interessantes Modul entwickelt. Sie erlaubt es Grosshändlern, zusammen eine B2B-Einkaufsplattform aufzubauen. Die beteiligten Distributoren müssen dabei nicht zwingend selbst Opacc-Anwender sein. Mit interplay.swiss zeigte Opacc ein erstes Beispiel von vier Spielzeugwaren-Distributoren, die eine solche Handelsplattform betreiben. Weitere Partner sollen dort bald dazustossen. Die "Commerce Suite" baut auf dem Shop und der Datendrehscheibe Oxas von Opacc auf.
Zu guter Letzt durfte natürlich auch das Thema KI nicht fehlen. Opacc betreibt die "Data Science Platform" im eigenen Rechenzentrum in Luzern. Erste KI-Anwendungen innerhalb der Opacc-Lösungen besorgen die Umwandlung von Text zu Daten (OCR) und Übersetzungen. Weitere KI-Funktionen gibt es in der Datenanalyse so für Kundensegmentierung, Produktempfehlungen ("kauften auch") und Sales Forcast. Wirklich revolutionär ist das Herantasten von Opacc an künstliche Intelligenz also nicht. Das muss auch nicht sein, denn die Stärke von Opacc liegt eher bei der Kontinuität ("Update-Garantie") und der Nähe zu den Kunden, die die Funktionen bekommen, die sie brauchen.

Einmalige Nachfolgelösung

Fast alle Schweizer Hersteller von Business-Lösungen standen oder stehen vor dem Problem, dass die Gründergeneration ins Pensionsalter gekommen ist und aussteigen möchte. Zudem steht mit KI die nächste technologische Revolution nicht vor, sondern schon in der Türe. Die meisten haben die Herausforderungen mit dem Verkauf der Firma gelöst. Die Liste der verkauften ERP-Firmen ist lange während die Liste der Erfolgsstorys von Firmen nach dem Verkauf enorm kurz ausfällt.
Von den grossen, unabhängingen Playern im Schweizer Business-Software-Markt mit mehr als 100 Mitarbeitenden sind nur zwei übrig geblieben: Abacus und Opacc. Opacc geht in der Nachfolgelösung einen neuen Weg. Die Rolle des Gründers und CEOs übernimmt die Geschäftsleitung, ein CEO auf Zeit übernimmt den Job als "Primus inter Pares".
Das kommt bei den Kunden von Opacc gut an, wie ein paar Gespräche an der diesjährigen Kundenkonferenz zeigten. Sie schätzen die Kontinuität und die Tatsache, dass keine Beteiligungsfirma wie etwa Infoniqa (Warburg Pincus), Forterro oder Elvaston Hand an "ihre" Software gelegt haben.
Doch eine grosse Frage bleibt offen. Wem soll Opacc in Zukunft gehören? Für einen Börsengang ist Opacc zu klein, der Verkauf an eine ausländische "Heuschrecke" (Beteiligungsgesellschaft) steht ausser Frage. Die Frage dürfte Beat Bussmann, seine Familie, aber auch die Partner von Opacc und sowieso die Kunden noch einige Zeit beschäftigen. Positiv stimmt, dass die Nachfolgelösung frühzeitig und systematisch angepackt worden ist. So bleibt genug Zeit, um die Frage des Besitzes zu lösen. (Christoph Hugenschmidt)

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