In der Nacht auf den 10. März 2021 brach in der RZ-Anlage von OVH
in Strassburg ein Grossbrand aus. Das RZ SBG2 auf dem Areal des französischen Cloud-Anbieters wurde dabei komplett zerstört, SBG1 teilweise. SBG3 und SBG4 blieben unbehelligt. OVH-Dienste fielen danach trotzdem tagelang aus und über 65'000 Kunden waren betroffen.
Während die Untersuchungen zur Brandursache weiter andauern, machte OVH bis jetzt keine Angaben zu den möglichen Kosten des Vorfalls. Doch Dokumente, die bei einer französischen Finanzbehörde eingereicht wurden, lassen erste Rückschlüsse zu.
Börsendokumente erlauben Einblick
In derselben Woche, in der sich das Unglück in Strassburg ereignete, hatte OVH angekündigt, Ende 2021 an die Börse gehen zu wollen. Dafür wurde bei der französischen Börsenaufsicht nun ein Transparenzdokument eingereicht, wie
'L'Usine Nouvelle' und
'DCD' berichten.
Das Dokument nimmt auch Bezug auf das Ereignis vom März. Die Einzelheiten zu den finanziellen Auswirkungen würden zeigen, dass OVHcloud einen Fehlbetrag von 2,9 Millionen Euro durch entgangene Einnahmen erlitten hat, dazu kommen 5,2 Millionen an Kompensationen, die zur Verfügung gestellt werden mussten, um Kunden für abgerechneten Leistungen zu entschädigen, die nicht geliefert wurden.
Millionen für Gutscheine und Verfahren
Weiter hat OVHcloud 28,3 Millionen Euro an Gutscheinen für kostenlose Dienstleistungen als Werbegeschenk oder Wiedergutmachung ausgegeben, von denen 20,5 Millionen vor dem Ende des Geschäftsjahres des Unternehmens am 31. August 2021 eingelöst wurden.
Darüber hinaus habe der Brand OVH 39,2 Millionen Euro für "aussergewöhnliche Belastungen" gekostet, darunter fallen Kosten für Gutachten, Verfahren und mögliche Haftungsklagen. Hinzu kommen 15,8 Millionen Euro für die Verschrottung beschädigter Server und 18,4 Millionen für den Notfallaustausch von Hardware. Das Unternehmen veranschlagt weitere 10 bis 12 Millionen Euro, um die Reparaturen abzuschliessen und beim RZ in Strassburg die Sicherheit zu verstärken.
Summa summarum ergibt das bis anhin Kosten von rund 105 Millionen Euro. Davon werden gemäss 'L'Usine Nouvelle' 58 Millionen durch eine Versicherung abgedeckt. Trotzdem sei die Summe im Vergleich zum Jahresumsatz von OVHcloud von 632 Millionen Euro im Jahr 2020 hoch.
Reputationsschaden verzögert das Wachstum
Nicht einkalkuliert ist der Reputationsschaden, da das Unternehmen durch den Brand und seine Auswirkungen unzufriedene Kunden verlieren könnte. Dies könne zu einer Verzögerung des erwarteten Wachstums in den nächsten drei oder vier Quartalen führen.
Wie das Unternehmen weiter betont, könnten in Zukunft sogar die Auswirkungen kleinerer Vorfälle durch den Brand in Strassburg verschärft werden. "Die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen und die Zukunft von OVHcloud" seien unmöglich zu bestimmen, heisst es im Transparenzdokument. "Aber sie könnten erheblich sein."