So steht es um die Schaffhauser Privat-Uni des Acronis-Besitzers

14. Januar 2022 um 09:34
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Bis zu 2500 Studierende will Sergei Beloussow nach Schaffhausen locken. Der Kanton stellt finanzielle Unterstützung für 2022 in Aussicht.

Sergei Beloussow, der Besitzer von Acronis, einem Softwareunternehmen mit offiziellem Sitz in Schaffhausen, baut in der Stadt am Rhein eine Forschungseinrichtung auf: das Schaffhausen Institute of Technology (SIT). 2019 wurde die Trägergesellschaft gegründet. Bis 2030 sollen am Hauptcampus 2500 Personen studieren und am angeschlossenen Forschungszentrum 250 Startups arbeiten. So lautet zumindest das Ziel von Beloussow.
Ursprünglich hatte der Unternehmer, dessen Vermögen auf rund 600 Millionen Dollar geschätzt wird, einen privat finanzierten Universitäts- und Technologiepark namens "Singularity City" in Erwägung gezogen, wie er uns 2018 erklärte. 10 Millionen Dollar an Investitionen waren damals geplant. Das SIT sei eines der Projekte im Gesamtplan, heisst es nun auf Anfrage vom Institut. Es soll in den nächsten 10 Jahren zu einer der Top 50 Universitäten in Physik und Informatik werden, wie aus dem Kooperationsvertrag zwischen Kanton und Trägergesellschaft hervorgeht.
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Acronis-Gründer Sergei Beloussow
Die 'NZZ' hatte im Februar 2020 geschrieben, dass ein "Oligarch seine Elite-Uni in Schaffhausen" gegründet habe. Bellussow hatte der Zeitung damals gesagt, dass er die Bildung als Markt betrachte und das SIT ein lukratives Geschäft werden könne. Er wolle etwa hundert Millionen seines Privatvermögens investieren, sei aber zuversichtlich, dass das Geld zurückfliesse.

Bis zu 3 Millionen Franken steuert Schaffhausen bei

Zu Reden gab bislang vor allem, dass sich der Kanton Schaffhausen finanziell am Projekt beteiligt, wie der Regierungsrat beschlossen hatte. Die Mittel sind an Ziele gebunden, die das SIT regelmässig rapportieren muss. Nur wenn diese erfüllt werden, sollen über die Jahre Gelder ausbezahlt werden, insgesamt bis zu 3 Millionen Franken. Zum Vergleich: Der kleine Kanton hat für das Sekretariat des Erziehungsdepartements und die Hochschulbildung im Jahr 2021 rund 6,4 Millionen Franken budgetiert.
SP-Nationalrätin Martina Munz hatte sich in der 'NZZ' besorgt gezeigt. Auf Anfrage sagt sie nun, das Prinzip widerspreche der Idee des egalitären Zugangs zur Bildung. Ein Semester an der SIT kostet 2500 Franken für Schweizer Bürger und 5000 für alle anderen. Zudem sei es unsinnig, dass der Kanton sich bereits vor der Akkreditierung an so einer Privatuniversität beteilige, so Munz.
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Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz
Vertragspartnerin des SIT ist die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons. Diese erklärt auf Anfrage, bisher sei noch keine Auszahlung an das SIT erfolgt. Das erste Geld fliesse nach einem Reporting voraussichtlich im ersten Halbjahr 2022. Man sei mit den notwendigen Schritten zur Leistungserfüllung bislang zufrieden, wie man in einem Gespräch eruiert habe.
Was der genaue Stand es Projekts ist, lässt der Kanton offen und verweist auf den Verwaltungsbericht, in dem die Fortschritte für 2020 summarisch festgehalten sind. Das SIT will demnächst die Akkreditierung als Hochschule in der Schweiz beantragen, wie das Institut auf Anfrage sagt.

Wie geht es mit dem Projekt voran?

Man hoffe, dass im Herbst die Mehrheit der 50 Studierenden des Frühjahrssemester 2022 in Schaffhausen sein könnten, sagt das SIT nun. Allerdings habe man ein vollständig hybrides Programm, so dass sie auch online unterrichtet werden können. 23 Studierende würden bereits vor Ort Kurse besuchen. 
Noch ist das SIT in den Räumlichkeiten der Acronis in einem Bürokomplex am Rheinweg untergebracht. Irgendwann sollen aber auf 65'000 Quadratmetern Studentenwohnheime sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen entstehen. Allerdings steht noch nicht mal fest, wo der Campus gebaut werden soll. Für ein Waldgrundstück am Geissberg sei 2021 aber eine vertrauliche Erklärung mit der Stadt unterzeichnet worden, so das SIT.
Unterrichten sollen in Schaffhausen namhafte Wissenschaftler. Für das 13-köpfige Beratergremium konnte das SIT nach eigenen Angaben bereits den Physik-Nobelpreisträger Konstantin Novoselov sowie Professoren der Universitäten Oxford und Cambridge und der Universität Genf gewinnen. Eine Professur für Software Engineering bekleidet Bertrand Meyer, ehemaliger Professor der ETH Zürich. Laut SP-Nationalrätin Munz hatte das Institut die ETH als Partnerin auf seiner Website geführt. Diese habe aber nichts davon gewusst, wie sich auf Nachfrage herausgestellt habe. Derzeit findet man das ETH-Logo nicht mehr auf der SIT-Website.
Korrigenda 15./16.01.2022: Die Auskünfte zum Schaffhausen Institute of Technology wurden nicht von Acronis, sondern vom SIT selbst erteilt. Dieses ergänzte, dass bereits 23 Studierende Kurse in Schaffhausen besuchen würden. Der Lead und eine Passage wurden angepasst. 

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