Wie war das noch Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre? Zuerst arbeitete ich für knapp zwei Jahre als Softwareentwickler in der neu gegründeten Firma eines Freundes, der als Assistent des CEO in einem Baukonzern tätig gewesen war und davor Psychologie studiert hatte. Danach gründete ich selbst eine Softwarefirma, die in den folgenden Jahren Individual-Software quer durch den Gemüsegarten mit einigen Lehrern, mit einem Theologen, mit ehemaligen Computer-Verkäufern, mit einem IT-Journalisten und mit mir als Juristen entwickelte.
Von fundiert ausgebildeten Software-Fachleuten war da weit und breit keine Spur. Und zwar nicht nur in meiner Firma, sondern bei fast allen anderen Mitbewerbern auch. Gefühlt waren mindestens neunzig Prozent der IT- und Softwareleute im Business Quereinsteiger aus allen nur denkbaren Berufen. Die gelegentlich auch vorhandenen Physiker, Elektroingenieure oder Mathematiker waren die noch am besten für den Job Qualifizierten, hatten sie in ihrer Ausbildung wenigstens schon mal etwas von Programmieren gehört und es meist auch ein wenig praktiziert. Für alle anderen waren Software und die IT (die damals EDV hiess) komplettes Neuland, wenn auch total faszinierendes Neuland.
Mit der externen Festplatte ins Büro
Bis zu Beginn der Nullerjahre spielte sich das Softwarebusiness meistens nur innerhalb der Grenzen eines Unternehmens ab, oft sogar nur auf einzelnen PCs. Ein internes Netzwerk (LAN), das seinen Namen verdiente, kam erst in den 90er-Jahren auf, das externe Netzwerk über das Internet (WAN), das dann erstmals den eigenen PC mit anderen PCs auf der Welt vernetzte, kam erst Jahre danach. Bis dahin spielte IT-Security eine komplett untergeordnete Rolle und verlangte somit auch nicht nach speziellen Kenntnissen oder einem vertieften IT-Verständnis. Ideale Voraussetzungen also für Bäcker, Metzger, Lehrer, Psychologen oder eben auch Juristen einen Einstieg in die spannende neue Welt der Computer zu wagen.
Wir wussten damals oft nicht, was wir taten. Trial-and-Error waren unsere täglichen Begleiter und, mit den Daten unserer Kunden nahmen wir es auch nicht immer so genau.
Unsere Individualsoftware bestand im Kern immer aus einer Datenbank, in der die Kunden im vollen Vertrauen ihre Daten erfassten und sich Stück für Stück davon abhängig machten. Damit wir unsere Software testen konnten, hatten wir auch keine Bedenken, ganze Kopien der Kundendatenbanken auf einer externen Festplatte mit ins Büro zu nehmen und dort auf unsere eigenen PCs und auf den Büroservern zu speichern. Selbstverständlich offen lesbar und ohne einen Kopier- oder Leseschutz.
Handelt es sich um einen EDV-Dinosaurier?
Direktes Arbeiten beim Kunden gab es noch nicht, denn das Internet war noch nicht erfunden. Ähnlich amateurmässig gingen wir mit den Daten direkt bei den Kunden um. So erinnere ich mich an das eine oder andere Mal, wo auch wir Daten löschten, die durchaus noch benötigt wurden. Glücklicherweise hatten wir ein Datenwiederherstellungstool in unserem Werkzeugkasten (an den Namen erinnere ich mich nicht mehr), das uns dann wieder den Kopf aus der Schlinge zog.
Womit sich der Kreis zur Eingangsstory schliesst. Könnte es sein, dass es sich beim IT-Dienstleister der Sarner Abächerli Media noch um einen EDV-Dinosaurier handelt, so wie ich ihn gerade beschrieben habe? Oder anders gefragt: Wie kann es heute noch passieren, dass ein professioneller IT-Dienstleister Daten seines Kunden einfach unwiederbringlich löschen kann? Ohne Backup? Ohne x-fache Warnhinweise? Das ist mir ein vollständiges Rätsel.
Eines zeigt diese Geschichte jedoch sonnenklar. Die moderne IT mit ihren existentiellen Auswirkungen auf den Betrieb einer jeden Firma ist definitiv nichts mehr für Amateure.
Urs Prantl kreiert zukunftssichere und gesund wachsende IT-Unternehmen und begleitet ihre Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Unternehmensnachfolge und beim Firmenverkauf. Ausserdem ist er Host des Podcasts
Prantls 5A, in welchem die strategische Einzigartigkeit erfolgreicher IT-Unternehmen im Gespräch mit ihren Inhaberinnen und Inhabern im Dialog herausgeschält wird. Als Kolumnist äussert er auf inside-it.ch seine persönliche Meinung