Der Broadcom-CEO war für frohe Kunden zur Übernahme angereist, kam aber nur rasch auf die Bühne. Wir haben den Schweiz-Chef von VMware gefragt, was seine Partner zum ausgebremsten Deal sagen.
Derzeit läuft die VMware Explore in Barcelona. 8500 Personen haben sich im grossen Kongresszentrum Fira Barcelona Gran Via eingefunden, darunter rund 300 aus der Schweiz. Wie üblich hat der Virtualisierungsspezialist einige seiner Neuigkeiten für Barcelona aufgespart, obwohl die US-Ausgabe der VMware Hausmesse bereits im August stattgefunden hatte. Im Zentrum der Veranstaltung standen der Evergreen Multi Cloud und der Trend generative Künstliche Intelligenz.
Den Start in Barcelona machte VMware-CEO Raghu Raghuram zum Kernthema von VMware: "Wir sahen, wie aus der Cloudreise eine Reise in die Multi Cloud wurde, was heute bereits die Norm darstellt. Zwei Drittel unserer Kunden nutzen mehrere Public Clouds." Er will nun einen Ansatz der Smart-Cloud forcieren. "Lass die Applikationen entscheiden, wo sie ausgerollt werden sollen", sagte Raghuram auf der Bühne. Es ist eine Absage an das Cloudfirst-Paradigma, das bei manchen Kunden für Konsternation gesorgt hat. Viel mehr müsse man sich überlegen, was man in welchen Umgebungen brauche, statt alles in die Cloud zu verschieben.
Der Elefant im Raum
Raghuram machte zwar den Einstieg in den Kongress, der grosse Star hätte aber ein anderer sein sollen: Hock Tan, CEO von Broadcom. Dessen Übernahmepläne von VMware, ein 69-Milliarden-Dollar-Deal, waren schon vor dem Kongress das grosse Thema. "Alle wollen, dass ich etwas über den Elefanten im Raum sage", erklärte Joe Baguely, VP und CTO EMEA von VMware, am Welcome-Apéro für Journalistinnen und Analysten. Etwas sagen konnte er aber nicht.
Auch Hock Tan nicht, der an der VMware Explore bloss gefühlte 2 Minuten auf der grossen Bühne stand. Dabei wäre das Timing so gut gewesen: Ende Oktober hätte der Deal abgeschlossen sein sollen. Die chinesischen Regulationsbehörden blockieren aber den Abschluss. So konnte Tan bloss sagen: "Wir sind begeistert, die beiden Firmen zusammenzubringen." Und: Man wolle weiter in das VMware-Ökosystem investieren, Partner und Kunden weiterbringen und Produkte einfacher machen. Immerhin dürfte Tan hinter den Kulissen viele Hände geschüttelt haben.
Börsenkotierte Firmen müssen penibel auf ihre Worte achten. Foto: ts
Zuvor war in der grossen Halle ein Hinweis zu "Forward-Looking Statements" auf dem grossen Screen zu sehen, wie man das sonst aus den Geschäftszahlen börsenkotierter Unternehmen kennt. Die 'Financial Times' hatte Ende Oktober geschrieben, dass die Blockade des Deals durch die chinesischen Regulatoren den geopolitischen Spannungen geschuldet sein dürfte. Die Zeit drängt mittlerweile, das Fenster für den Abschluss schliesst sich am 26. November.
Die Schweizer Perspektive
Aber wären die Schweizer Kunden froh über den Deal? In der Vergangenheit hatte Broadcom etwa Symantec oder CA Technologies übernommen, unprofitable Teile abgestossen und die Preise für die Services in die Höhe getrieben.
Wir treffen Thomas Krieg am Rande der VMware Explore. Der Leiter der Alps Region sagt zu inside-it.ch: "Schweizer Kunden haben unterschiedlich auf die Ankündigung reagiert. Es gibt schon welche, die sich von den früheren Übernahmen haben einschüchtern lassen. VMware ist aber deutlich grösser und hat auch eine andere Bedeutung für das künftige Geschäft von Broadcom. Wir sind mit dem Software-Infrastruktur-Business ein weiterer Wachstumspfeiler. Hock Tan hat sich dazu deutlich geäussert und zur weiteren Entwicklung des VMware-Ökosystems verpflichtet."
Auch auf der Hauptbühne herrschte offiziell Zuversicht. Dort übernahmen nach Hock Tan VMwares Topmanagerin Purnima Padmanabhan und schliesslich Chris Wolf, Chef der AI Labs beim Virtualisierungskonzern. Letzterer erklärte, KI habe das Bedürfnis nach dem einfachen Management von Multi-Cloud-Umgebungen noch verstärkt. Auch die geopolitische Situation sieht man bei VMware eher als Chance, denn diese würde den Wunsch nach mehr Resilienz bei den Kunden erzeugen, das sagte zumindest Prashanth Shenoy, Marketing-Topshot von VMware, vor Journalisten. Seine Firma wird nun aber erstmal auf eine chinesische Entscheidung zur Broadcom-Übernahme warten müssen.
Interessenbindung: Der Autor wurde vom Unternehmen an die VMware Explore nach Barcelona eingeladen. Es hat zudem Flug- und Hotelkosten übernommen.
Korrigendum: In der ersten Version des Artikels war die Rede von einer Exitgebühr, die Ende November anfällt. Dies ist der Fall, wenn die Akquisition abgeblasen würde.