

Chatkontrolle schützt Kinder nicht vor Missbrauch
5. Juli 2023 um 12:02Über 300 Forschende warnen vor der sogenannten Chatkontrolle. Sie erklären in einem offenen Brief, welche Gefahren sie für die Gesellschaft mitbringe. Auch Schweizerinnen und Schweizer haben unterzeichnet.
Das geplante Gesetz zur Chatkontrolle in der Europäischen Union ist in erster Linie dafür gedacht, Kinder vor Missbrauch zu schützen. Um das zu erreichen, wollen die Gesetzgeber die verschlüsselte Kommunikation auf Messengerdiensten oder E-Mail aushebeln und Anbieter dazu verpflichten, ausgetauschte Nachrichten auf möglichen Kindesmissbrauch zu durchsuchen und entsprechendes an die Behörden zu melden.
Chatkontrolle ist in der EU nahezu unumstritten
Viele Mitgliedstaaten sind dafür, zuletzt hatten sich nur Estland, Finnland und vor allem Deutschland dagegen ausgesprochen. Die Schweiz unter Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider teilt die Bedenken.
Nun haben über 300 Forscherinnen und Forscher, darunter 9 aus der Schweiz, in einem offenen Brief (Google Doc) mit deutlichen Worten Kritik an den EU-Plänen geäussert.
Scantechnologien sind mangelhaft
Darin heisst es unter anderem, dass die Wirksamkeit des Gesetzes von der Qualität der vorhandenen Scantechnologien abhänge. Derzeit seien diese "mit erheblichen Mängeln behaftet". Deshalb ist das "Scannen zum Scheitern verurteilt". Zudem würden diese Technologien, wenn sie in Apps integriert werden, "das Internet und die digitale Gesellschaft für alle weniger sicher machen."
Ausserdem führt "das vorgeschlagene Gesetz zu einem globalen Präzedenzfall für die Filterung des Internets", führen die Forscherinnen und Forscher aus. Damit könne kontrolliert werden, wer Zugang dazu hat, es würde den Menschen die wenigen Instrumente genommen, mit welchen sie ihr Recht auf ein Privatleben im digitalen Raum schützen könnten.
Gesetz ist keine Hilfe
Die Forscherinnen und Forscher kommen zum Schluss, dass bei einer ganzheitlichen Betrachtung des Themas festgestellt werden müsste, dass es keine technologische Möglichkeit gibt, die den sexuellen Missbrauch von Kindern ausrottet.
Den offenen Brief unterschrieben haben mehrere Turing-Award-Gewinner. Desweiteren stimmen auch Kryptografie-Guru Bruce Schneier und Vertreterinnen und Vertreter von der ETH, der EPFL sowie Raphael Reischuk, Leiter Cybersecurity von Zühlke und Mitgründer des Nationalen Testzentrums für Cybersicherheit (NTC) zu.
Loading
Abraxas baut für St. Gallen eine E-Collecting-Plattform
Der Pionierkanton macht Nägel mit Köpfen. Parallel zum Systemaufbau wird das Gesetz angepasst. Bereits 2025 soll E-Collecting in St. Gallen möglich sein.
Bericht: Heikle Daten aus Concevis-Hack aufgetaucht
Bankdaten von US-Bürgern sollen im Darkweb gelandet sein, die aus dem Angriff auf den Schweizer IT-Dienstleister stammen. Der Fall wirft Fragen auf.
Die EU bündelt ihre Kräfte für die Cyberabwehr
In einem neuen Zentrum sollen alle sicherheitsrelevanten Informationen aus den EU-Staaten zusammenfliessen. So will man besser auf Cyberangriffe vorbereitet sein.
Podcast: Warum sind elektronische Unterschriften so teuer?
Eine elektronische Unterschrift kostet bis zu 4 Franken. In dieser Episode unseres Podcasts erklären wir, wie der Preis zustande kommt und warum man das nicht mit dem Briefporto vergleichen darf.