Um schwere Straftaten besser verfolgen zu können, will die EU einfacher und schneller an elektronische Beweismittel kommen. Die sogenannte Chatkontrolle soll dies ermöglichen – und Privates nicht mehr privat bleiben. Im Kern gehts um den Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch.
Chatkontrolle will Kindesmissbrauch bekämpfen
Staaten und Eltern sollen Verschlüsselung knacken können
Warum dieser Widerstand zwingend nötig ist, zeigt ein von '
Wired' publiziertes, geleaktes Dokument aus dem Rat der Europäischen Union. Es stammt aus der Arbeitsgruppe für Strafverfolgung und enthält Voten von zahlreichen Regierungen von Mitgliedstaaten.
Demnach plädiert Spaniens Regierung dafür, End-to-End-Verschlüsselung zu verbieten. Im
Dokument (PDF) steht folgendes: "Idealerweise wäre es unserer Meinung nach wünschenswert, die in der EU ansässigen Diensteanbieter gesetzlich daran zu hindern, eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einzuführen."
Deutschland ausdrücklich gegen Chatkontrolle
Das ist die deutlichste Aussage im ganzen Dokument. Aber auch die Forderung Polens – Eltern sollten die Befugnis erhalten, die Kommunikation ihrer Kinder zu entschlüsseln – ist nicht ohne. Laut 'Wired' spricht sich die Mehrheit der 20 EU-Länder, die sich im Dokument äussern, in irgendeiner Form für das Durchleuchten verschlüsselter Nachrichten aus.
Zweifel äusserten Estland und Finnland. Entschieden gegen den Vorschlag ausgesprochen hat sich Deutschland. Vertreter forderten, dass keine Technologien eingesetzt werden dürfen, welche die Verschlüsselung störten, umgehen oder modifizieren. Der Textentwurf müsse überarbeitet werden, bevor Deutschland zustimmen könne.
Die Haltung Deutschlands und auch jene von Finnland und Estland zeigt nicht, dass sie Kinder nicht vor sexuellem Missbrauch schützen wollen. Sie zeigt, dass die Aufhebung der Privatsphäre von knapp 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger der EU nicht das richtige Mittel dagegen ist.