Das neue Fallführungssystem Citysoftnet kommt die Stadt Bern immer teurer zu stehen. Der Stadtrat sprach am Donnerstag einen dritten Nachkredit – doch insbesondere die GLP/JGLP-Fraktion bezweifelt, dass die Sache damit ausgestanden ist.
Das machte Fraktionssprecherin Corina Liebi in ihrem Votum deutlich. Der Kanton Bern wolle bekanntlich ein eigenes Fallführungssystem im Sozialbereich einführen und dieses zwischen 2026 und 2028 verpflichtend für alle Gemeinden zur Anwendung bringen. Der Grosse Rat sprach den Kredit für das neue System im vergangenen November.
Im Umkehrschluss bedeute dies, dass Citysoftnet in der Stadt Bern schon in 4 bis 6 Jahren abgelöst werden müsste, sagte Liebi. In diesem Fall hätte die Stadt rund 18,7 Millionen Franken in den Sand gesetzt. Das Projekt der Städte Bern und Zürich sowie des Kantons Basel-Stadt läuft seit über 10 Jahren – und
hatte von Beginn weg mit Problemen zu kämpfen.Dabei sei laut den Unterlagen des Kantons Bern schon längere Zeit klar gewesen, dass Citysoftnet als kantonales System nicht infrage komme. Trotzdem habe die Stadt immer weiter an ihrer Lösung "herumgedoktert". Die GLP behalte sich vor, eine Untersuchung in der Geschäftsprüfungskommission anzustossen.
Gemeinderat wehrt sich
Sozialdirektorin Franziska Teuscher (Grünes Bündnis) wies die Kritik zurück. "Wir waren immer im Austausch mit dem Kanton und haben geprüft, wie wir zusammenarbeiten könnten."
Der Grosse Rat habe zwar den Kredit für das neue Fallführungssystem bei den Sozialdiensten, den Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (KESB) und den Fachstellen Arbeitsintegration gesprochen. "Aber der Kanton hat noch kein System", betonte Teuscher. "Er ist erst dran, dieses zu entwickeln."
Ob das kantonale System dereinst alle Bedürfnisse der Stadt Bern decke, werde sich zeigen. Klar sei, dass die Stadt ihr früheres System namens Kiss habe abschalten müssen und eine Nachfolgelösung gebraucht habe. Der Gemeinderat sei nach wie vor überzeugt, dass sich die Investition gelohnt habe.
Ein erneutes Desaster in Bern?
Bern macht vor Zürich und Basel den Anfang. In der Stadt war das System im Juni 2023 im Sozialamt und im Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz eingeführt worden. Technische Probleme
liessen den Pendenzenberg stark anwachsen. Die Mitarbeitenden waren entsprechend gefordert.
Um den Berg abzuarbeiten und den Betrieb der Software zu verbessern, musste in beiden Dienststellen kurzfristig Personal eingestellt werden. Dass deshalb am
Nachkredit von 1,055 Millionen Franken kein Weg vorbeiführt, blieb im Stadtrat unbestritten. Im Betrag sind auch die Kosten für eine externe Untersuchung der Einführungsphase enthalten.
Der Nachkredit wurde nun mit 53 zu 6 Stimmen bei 9 Enthaltungen bewilligt. Die Nein-Stimmen und die Enthaltungen kamen von Parlamentsmitgliedern, die damit ein Zeichen des Unmuts über die Probleme mit Citysoftnet setzen wollten. Einmal mehr ende ein Informatik-Projekt der Stadt Bern in einem Desaster, sagte etwa Alexander Feuz von der SVP.