Citysoftnet kostet Bern erneut viel Geld

16. November 2023 um 11:31
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Foto: Andreas Fischinger / Unsplash

Trotz bereits gesprochenen Nachkrediten wird das Fallführungs­system nochmal teurer. Insbesondere für Unterhalt und Betrieb hat die Stadt Bern zu wenig Geld budgetiert.

Das Projekt Citysoftnet der Städte Zürich, Basel und Bern läuft schon seit mehr als 10 Jahren. Im Juni wurde das neue Fallführungssystem für die städtischen Sozialdienste zunächst in Bern eingeführt. Im nächsten Jahr sollen dann Zürich und zuletzt Basel folgen. Die Einführung der neuen Software in der Stadt Bern war allerdings mit Problemen behaftet.
Durch das Projekt und die damit verbundenen Mehrfachbelastungen hat das Tagesgeschäft im Berner Amt für Erwachsenen- und Kindesschutz (EKS) stark gelitten. Die Performance der Software war wochenlang unbefriedigend, Dossiers wurden falsch oder gar nicht migriert und es kam zu Problemen mit liegengebliebenen Rechnungen.
Das wiederum habe beim Personal zu Ermüdungserscheinungen geführt, schreibt der Berner Gemeinderat in einem Vortrag an den Stadtrat. "Im EKS haben technische Unzulänglichkeiten der neuen Softwarelösung die Fallführung derart eingeschränkt, dass die nötige Sorgfalt und Basisqualität über längere Zeit infrage gestellt waren." Dies habe schlussendlich zu personellen Ausfällen und Kündigungen geführt.
Damit die anstehenden Arbeiten erledigt werden konnten, musste sowohl beim EKS als auch beim Berner Sozialamt zusätzliches Personal eingestellt werden. Für die Erledigung der Rechnungen und die manuelle Korrektur des Datenmaterials wurden insgesamt 4 Vollzeitstellen geschaffen. Zudem musste das EKS Mandate an die Sozialen Dienste Ostermundigen abgeben, damit keine Lücken in der Betreuung entstanden.

1 Million für Personal und Untersuchung

Gemäss dem Gemeinderat liess es die Dringlichkeit der Angelegenheit nicht zu, dass zuerst ein Nachkredit beim Parlament beantragt wurde. Dies wurde nun nachgeholt: Für die Deckung der zusätzlichen Personalkosten bis Ende 2023 hat der Gemeinderat einen Nachkredit in der Höhe von etwas mehr als 1 Millionen Franken vorgelegt. Darin enthalten sind auch die Kosten für eine externe Untersuchung der Einführungsphase.
Die steigenden Kosten des Projekts sorgen immer wieder für Unmut. Am 23. September 2018 bewilligte die Berner Stimmbevölkerung einen Investitions­kredit von knapp 15 Millionen für Citysoftnet. Anfang 2023 folgten 2 Nachkredite, die vom Berner Parlament zähneknirschend angenommen wurden. Dabei wurden auch 200'000 Franken für den Weiterbetrieb des alten Fallführungssystems ausgegeben.

Immer teurer

Dabei dürfte es jedoch nicht bleiben, wie der Vortrag an den Berner Stadtrat zeigt: "Neben den bisherigen Projektkosten und den vorliegenden Nachkrediten zeichnen sich im Zusammenhang mit Citysoftnet weitere Mehrkosten ab." So werden beispielsweise die zusätzlich angestellten Mitarbeitenden auch 2024 benötigt. Zudem werden die Kosten der Stadt Bern für den Unterhalt und den Betrieb der neuen Fallführungslösung höher ausfallen als erwartet, warnt der Gemeinderat.
Die Mehrkosten seien insbesondere auf gestiegene Preise für das Hosting zurückzuführen. Bei der Abstimmung 2018 wurde für den Betrieb ein Kredit in der Höhe von 4 Millionen Franken über 5 Jahre gutgeheissen. Gemäss dem Gemeinderat zeichnet sich jedoch ab, dass die Unterhalts- und Betriebskosten des neuen Systems jährliche Mehraufwände in der Höhe von 400'000 Franken verursachen und über 5 Jahre zusätzliche 2 Millionen Franken kosten werden.
Weitaus weniger ins Gewicht fallen da die Rückbau- und Archivierungskosten für das alte System. Auch hier werden Kosten erwartet, die bis anhin nicht budgetiert waren. Gemäss Schätzungen werden sich diese in einer Grössenordnung von bis zu 100'000 Franken bewegen.
Mit der kompletten Einführung der Software in allen Städten werden zudem Änderungen in der Organisation nötig. Der Verein Citysoftnet soll nach dem Abschluss des Projekts ab Sommer 2024 mit einem angepassten Vereinszweck weitergeführt werden. Durch den Betrieb einer entsprechenden Geschäfts­stelle fallen weitere Kosten von 280'000 Franken an, die sich die beteiligten Städte jedoch teilen.

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