Die neue Fallführungssoftware im Sozialdienst bereitet der Stadt Bern nach der Einführung unerwartet Probleme, obwohl sie seit Anfang 2023 intensiv getestet worden ist. Dies ist einer Mitteilung aus der Bundeshauptstadt zu entnehmen. Aufgrund von Kinderkrankheiten brauche es nun mehr Personal und zusätzliches Geld. Der Stadtrat soll nach den Herbstferien über einen Kreditantrag von 955'000 Franken befinden.
Für Leserinnen und Leser von inside-it.ch kommt die Neuigkeit nicht sehr überraschend. Ende letztes Jahr berichteten wir bereits
von den anhaltenden Problemen im insgesamt 36 Millionen Franken schweren IT-Projekt. Die Software Citysoftnet wollen die Städte Bern, Basel und Zürich im Kern gemeinsam entwickeln und bezahlen die stadtspezifischen Module jeweils zusätzlich. Bern ist die erste Stadt, die sie einsetzt, Zürich und Basel sollen dann von den Erfahrungen profitieren können.
Das gute Ansinnen stand schon seit Beginn unter einem schlechten Stern. Die Berner Regierung hatte zuletzt im letzten Dezember einen Nachkredit von 2,5 Millionen Franken beantragt und sich den
Unmut des Parlaments zugezogen. Auch Basel-Stadt rechnete damals mit zusätzlichen Kosten von 2,4 Millionen Franken, nur Zürich zeigte sich optimistisch. Und Citysoftnet verzögerte sich mehrfach: Bereits 2022 hätte das System in der dritten und letzten Stadt – Basel – eingeführt werden sollen, wie aus Ausschreibungsunterlagen von 2018 hervorgeht.
Erwachsenen- und Kinderschutz besonders betroffen
Die Software ging in Bern aber erst in diesem Juni in Betrieb. Nach dem Abschalten der bisherigen Software traten dann unerwartete Probleme auf, insbesondere beim Tempo des Systems. So konnten Rechnungen nicht fristgerecht abgewickelt und Zahlungen nicht ausgelöst werden. Und zwar ausgerechnet in höchst kritischen Bereichen des Sozialwesens, wie aus dem Referat von Ester Meier, Leiterin des Amts für Erwachsenen- und Kindesschutz (EKS) hervorgeht.
Sie sagte laut Niederschrift an der heutigen Pressekonferenz: "Während einiger Wochen konnten die Geldeingänge den Klientinnen und Klienten nicht zugeordnet und somit auch keine Rechnungen ausgelöst werden." Mehrere tausend Rechnungen seien nicht verarbeitet worden. "Die Belastungssituation ist hoch und dauert nun schon lange." Es kam auch zu Kündigungen und Krankheitsabwesenheiten. Man habe die dramatische Situation mit externer Unterstützung aber bis im August verbessern können, so Meier. Zudem habe man mit Emineo rasch Erfolge bei der Behebung der technischen Probleme erzielt. Auf der EKS-Website ist ein Hinweis für Klienten und Angehörige aufgeschaltet.
Auch beim Sozialamt bleiben Rechnungen liegen
Claudia Hänzi, Leiterin des Sozialamtes, zeichnet die Situation etwas rosiger: "Seit dem 'Go-live' von Citysoftnet Anfang Juni 2023 geht es auch im Sozialamt turbulent zu. Das neue System fordert uns jeden Tag. Aber trotz aller Schwierigkeiten: Das System funktioniert im Sozialamt grundsätzlich; die Kernprozesse laufen erfolgreich ab." Trotzdem räumt auch sie Probleme wie unbezahlte Rechnungen bei den Krankenversicherungen sowie Pendenzen bei der Verbuchung von Einnahmen ein. Auf der Homepage findet sich ebenfalls eine Information über die Probleme.
Die betroffenen Personen aus EKS und Sozialamt könnten ohne eigenes Verschulden in finanzielle Schwierigkeiten geraten. "Das dürfen wir nicht hinnehmen", erklärte Franziska Teuscher, Direktorin für Bildung, Soziales und Sport. Die technischen Probleme in der Software würden laufend behoben, die betroffenen Mitarbeitenden gestützt und die Nachteile für die Klientinnen und Klienten so weit wie möglich minimiert, versprach Teuscher.
Mit Material von Keystone-sda