Die Enthüllungen rund um die Crypto AG haben einigen Staub in der Politik aber auch der Security-Szene aufgewirbelt. Nun rückt die Wochenzeitung 'WOZ' einen weiteren Schweizer Spezialisten für Verschlüsselung in den Fokus: Die 1987 gegründete Firma Omnisec.
Die Firma aus dem zürcherischen Furttal war hierzulande die grösste Konkurrentin der Crypto AG. Und offenbar machte sie Geschäfte mit geostrategisch wichtigen Nationen wie Libyen, Venezuela, Nigeria, der Ukraine und den Staaten am Persischen Golf. Bis heute ist unklar, wer hinter der Firma stand und wer sie finanziert hat.
Bereits 2013 hatte die 'WOZ' aufgedeckt, dass Omnisec Gelder aus unbekannten Quellen erhalten hatte. Über die Briefkastenfirma Torcross auf den Niederländischen Antillen erhielt die Firma Argonium, die Omnisec besass und finanzierte, in zwei Tranchen insgesamt 20 Millionen Franken.
Zeichnungsberechtig für Torcoss war damals der New Yorker Anwalt Donald Glascoff, dessen Anwaltskanzlei laut 'WOZ' oft mit US-Regierungsstellen zusammenarbeitete und über gute Verbindungen zum US-Geheimdienst verfügte. Äussern wollte sich zur Angelegenheit keiner der Beteiligten.
Die Wochenzeitung stiess
bei ihren Recherchen auch auf widersprüchliche Angaben zu den Besitzverhältnissen. Und der als "währschafter Schweizer" angepriesene VR-Präsident und Besitzer Beat Bettschart lebte demnach seit den 1950er-Jahren in den USA, die auch während seiner Zeit bei Omnisec sein Lebensmittelpunkt blieb.
Die Firma stellte 2017 ihr Geschäft ein. Die 54 Angestellten wurden entlassen, wie der Chef Clemens Kammerer
damals gegenüber inside-it.ch erklärte. Dies geschah just zum Zeitpunkt, als die CIA die Auflösung der Crypto AG einleitete und Leute entliess. Omnisec sei finanziell gut dagestanden, so Kammerer. Er behauptete aber, keinen Nachfolger zu finden, das Geschäft würde sich nicht mehr lohnen, da vermehrt auf Standardlösungen gesetzt würde.
Was war mit der Vorgängerfirma Gretag?
Die Vorgängerfirma von Omnisec, die in Regensdorf beheimatete Gretag, sah die CIA offenbar als Gefahr, die nicht unter Kontrolle gebracht werden konnte. Sie produzierte eine Reihe von Chiffriermaschinen für Militärs aber auch für den zivilen Bereich.
Gründer der Gretag war Edgar Gretener, ein Konkurrent von Crypto-AG-Gründer Boris Hagelin, der bei verschiedenen Gelegenheiten mit diesem zusammengearbeitet hatte. Dies geht aus Einträgen des
"Crypto Museums" hervor, einer Website, die sich der Geschichte der Kryptographie widmet und von zwei holländischen Ingenieuren betrieben wird.
Offenbar konnte der CIA sich der Gretag nicht bemächtigen, so die 'WOZ'. Zumindest bis sie 1980 ihr Verschlüsselungsgeschäft für staatliche und militärische Kunden abstiess und dieses schliesslich zur Omnisec umgebaut wurde.
Der zivile Bereich von Gretag, der sich besonders um die Verschlüsselung von Bankeninformationen drehte, wurde 1991 an den US-Telco AT&T verkauft und hiess fortan Gretag Data Systems. Der US-Konzern setzte mit Alf Andreassen einen Mann mit engen Verbindungen zum US-Militär ein.
Gretag Data Systems im SIC- und Swift-System
Vier Jahre später reichte AT&T die Firma für mutmasslich vier Millionen Dollar an das Unternehmen Resource Engineering weiter, das von zwei ehemaligen NSA-Mitarbeitern gegründet worden war. Neu hiess die Firma Gretacoder Data Systems. Unter neuer Flagge wurden offenbar viele neue Geräte produziert. Dies kann man im "Crypto Museum" nachlesen.
Brisant: Der Gretacoder 715 wurde vom Swiss Interbank Clearing Net (SIC) viele Jahre für Geldüberweisungen zwischen allen Schweizer Grossbanken eingesetzt. Es handelte sich dabei um ein Datenverschlüsselungs- und Authentifizierungssystem, das Ende der 1980er-Jahre im Hause Gretag entwickelt worden war.
Auch bei US-Grossbanken waren die Geräte seit Mitte der 1980er-Jahre im Einsatz, berichtet 'Inside Paradeplatz'. Weltweit zählte die Firma auf eine breite Kundenbasis für ihre Verschlüsselungsgeräte für das Swift-System.
2002 wurde Gretacoder Data Systems in Safenet Data Systems umbenannt, entsprechend der VPN-Produktelinie aus dem Mutterhaus, das neu Safenet hiess. Zwei Jahre darauf wurde die Schweizer Firma liquidiert und der grösste Teil des bestehenden Geschäfts wiederum von Omnisec übernommen, die bereits die Produktionsrechte und die meisten Patente besass, bis sich diese 2017 auflöste.
SIX nahm im Frühling 2016 nach 30 Jahren Laufzeit ein neues Zahlungssystem Swiss Interbank Clearing in Betrieb. Zum Einsatz kommen dabei Hardware Security Module der Firma Securosys. Diese befinde sich rein in Schweizer Hand und lege den Kunden Schaltpläne und Quellcode offen, erklärte der Gründer in der 'Handelszeitung'.