Swisscom und die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) bewegen sich im Streit um den Glasfaserausbau offenbar aufeinander zu. "Es zeichnet sich ein Lösungshorizont ab", sagte Swisscom-Konzernchef Urs Schaeppi zu Journalisten.
"Wir diskutieren mögliche Lösungen. Die Lösungsmöglichkeiten konvergieren langsam", sagte Schaeppi, ohne konkreter zu werden. In welche Richtung sich ein Ausweg abzeichnen soll, wollte er aber nicht sagen. "Wir sind mit der Weko in sehr intensivem Gespräch."
Bundesgericht muss über vorsorgliche Massnahmen entscheiden
Kurz nach der Eröffnung des Verfahrens der Weko verfügten die Wettbewerbshüter über vorsorgliche Massnahmen gegen Swisscom. Man wolle damit ein Monopol im Glasfaserbereich verhindern. Swisscom versuchte sich gegen diese Massnahmen zu wehren, das Bundesverwaltungsgericht entschied im Herbst 2021 gegen Swisscom. Der Telco zog den Entscheid weiter vor das Bundesgericht. Dieses muss nun entscheiden, ob die Massnahmen bis zum Abschluss des ordentlichen Verfahrens der Weko in Kraft bleiben.
Wann dieser Entscheid gefällt wird, "weiss niemand", sagte uns Fredy Künzler, von Init7.
Swisscom kann derzeit zwar weiter ausbauen, allerdings so, dass dadurch ein Layer-1-Zugang für die Mitbewerber zu einem späteren Zeitpunkt grundsätzlich möglich bleibt. Der Telco kann die
Anschlüsse nicht vermarkten. Im Moment warte die ganze Branche auf das Bundesgericht, so Künzler. Ähnliches war auch an der Bilanzmedienkonferenz von iWay zu hören. Direkt betroffen sei man vom Glasfaserstreit nicht, aber die Vermarktung sei blockiert. Die fehlende Aussicht auf eine schnelle Einigung beim Ausbau der Glasfaserinfrastruktur sei den Wachstumsaussichten nicht zuträglich, sagte iWay-CEO Markus Vetterli Ende März.
Zum Hintergrund: Es geht um ein Verfahren, das die Weko Ende 2020 eröffnet hatte. Die Wettbewerbshüter überprüfen, "inwiefern Swisscom durch die Verweigerung des Netzzugangs allenfalls ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht",
sagte uns Carole Söhner-Bührer, Vizedirektorin der Weko Anfang März. Der Entscheid solle Rechtssicherheit schaffen. Konkret: Ob das Schweizer Glasfasernetz mit einer Point-to-Multipoint- (P2MP) oder Point-to-Point-Architektur (P2P) gebaut wird. Swisscom beharrt auf Ersterem, wie auch der designierte CEO Christoph Aeschlimann zu inside-it.ch sagte. Die Gegenpartei, Init7, fordert P2P.
Entscheide das Bundesgericht im Sinne der Weko –
und von Init7 – werde Swisscom sich bewegen müssen, glaubt Künzler.
Swisscom: langsamerer Ausbau
Im Rahmen der Bilanzmedienkonferenz vom heutigen 28. April äusserte sich Swisscom nicht zu den möglichen technischen Lösungen, die mit der Weko diskutiert werden. Schaeppi sagte bloss, am wahrscheinlichsten sei eine Lösung irgendwo zwischen dem schlimmsten und besten Szenario. Im schlimmsten Fall würde dies bis Ende 2025 nur eine Bevölkerungsabdeckung von 50% mit Glasfasern bedeuten, im besten Fall eine Abdeckung von 60%.
Er halte dies für eine Drohkulisse, merkt Künzler gegenüber inside-it.ch an. Bei P2P seien es 50% im 2025 und 60% im 2026 oder 2027. Auf diese Verschiebung käme es nicht draufan.
Nicht äussern wollte sich der Swisscom-Chef auch zur Frage, bis wann ein Ausweg vorliege. "Wir hoffen, dass wir eine Entscheidung mit der Weko in den nächsten Monaten haben, aber ich denke nicht mehr im zweiten Quartal", sagte Schaeppi. Kurzfristig seien die kommerziellen Auswirkungen für Swisscom vernachlässigbar.
"Runder Tisch" wollte P2P
Entscheidet das Bundesgericht für Swisscom, und damit gegen die Weko, und hebt die vorsorglichen Massnahmen auf, kann Swisscom das Glasfasernetz im P2MP-Modell weiter ausbauen.
Swisscom brachte zuvor das Argument auf, dass in anderen Ländern P2MP Standard sei und dass der Ausbau so günstiger und schneller zu realisieren sei. In der Schweiz resultierte vor Jahren an einem "Runden Tisch" unter Vermittlung des Bakoms jedoch das Ziel P2P. Man habe sich darauf geeinigt, dass man "vierfaserige Glasfaserkabel installiert, damit verschiedene Anbieter Zugang zu diesen Technologien haben", hiess es im Rahmen einer Debatte im Ständerat von der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard.