Glasfaserstreit: Weko büsst Swisscom mit 18 Millionen Franken

25. April 2024 um 08:53
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Die Kartellwächter halten die Bauweise von Swisscom für wettbewerbswidrig und verdonnern den Telco zu einer Strafzahlung. Zudem gibt es Vorgaben zum Ausbau des Glasfasernetzes.

Swisscom habe mit ihrer Netzbaustrategie Konkurrenten den Zugang zum Glasfasernetz verunmöglicht und damit gegen Kartellrecht verstossen, urteilt die Wettbewerbskommission (Weko). Im Glasfaserstreit sanktioniert die Weko Swisscom deshalb mit 18 Millionen Franken und macht Auflagen zum Bau des Netzes. Die bereits in der P2MP-Netzarchitektur errichteten und in Betrieb genommenen Glasfaseranschlüsse müssen bis spätestens Ende 2025 umgerüstet sein oder abgeschaltet werden, ordnet die Weko an.
Swisscom ging 2020 dazu über, den Glasfaserausbau nicht mehr im P2P- (Point-to-Point), sondern im P2MP-Verfahren (Point-to-Multipoint) voranzutreiben. Dies hat unter anderem zur Folge, dass anderen Fernmeldedienstanbietern keine Layer-1-Zugangsprodukte angeboten werden können.
Dadurch würde nicht nur der Preiswettbewerb eingeschränkt, sondern auch die Innovation gezielt verhindert, kritisierte der Provider Init7, der deswegen im September 2000 Anzeige bei der Weko erstattete. Im Dezember 2020 haben die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau im Einfasermodell mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Der Ausbau in der P2MP-Technologie sowie die Vermarktung bereits bestehender Anschlüsse wurden untersagt.

Swisscom hätte Marktstruktur verändert

"Die vorsorglichen Massnahmen sind damit definitiv bestätigt", sagt uns Init7-CEO Fredy Künzler auf Anfrage. Das Weko-Urteil sichere den zukunftsfähigen und nachhaltigen Glasfaser-Standard, schreibt Init7 zudem in einer Mitteilung.
Ohne Eingriff der Weko, so die Kartellwächter weiter, hätte Swisscom "die bestehende Marktstruktur verändert und für sich selbst ein faktisches Monopol geschaffen. Konkurrentinnen wären ihrer Innovations- und Geschäftsmöglichkeiten weitgehend beraubt und Konsumenten sowie Geschäftskunden in der Wahl ihrer Anbieterin und in der Produktvielfalt stark eingeschränkt worden".
Swisscom hatte aus Kostengründen auf die P2MP-Variante umgeschwenkt und lange daran festgehalten. Zudem argumentierte der Telco, dass der Ausbau so schneller vorangetrieben werden könne. Der Entscheid der Weko habe zur Folge, dass der Ausbau insbesondere in ländlichen Gebieten deutlich höhere Kosten verursacht und verzögert werde, heisst es denn auch in der aktuellen Swisscom-Stellungnahme.
Die Weko hingegen findet: Die Einsparungen in finanzieller und zeitlicher Hinsicht genügten nicht, "um die Beseitigung des bisherigen Wettbewerbs auf Generationen wettzumachen". Die bedeutendsten Innovationsschübe und Preissenkungen auf dem Glasfasernetz seien bisher von Konkurrenten und nicht von Swisscom ausgegangen. "Das wäre künftig nicht mehr möglich gewesen."

Rekurs ist wahrscheinlich

Nach mehreren Beschwerden vollzog Swisscom im Oktober 2022 aber eine Kehrtwende. Der Druck durch hunderttausende blockierte Anschlüsse wurde zu gross. Der Telco baut wieder Direktleitungen und hat zehntausende blockierte Anschlüsse umgebaut.
Mit dem Weko-Urteil dürfte der Glasfaserstreit aber noch nicht beendet sein. Swisscom kann die von der Weko angeordneten Massnahmen beim Bundesverwaltungsgericht anfechten.
"Man darf davon ausgehen", so Init7, "dass Swisscom den Weg durch die Instanzen beschreiten wird." Dies könnte mehrere Jahre dauern. Swisscom selbst schreibt, der Entscheid der Weko sei nicht nachvollziehbar und man behalte sich vor, ihn an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.
(Mit Material von Keystone-sda)

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