Mit einer Motion hatte Nationalrätin Min Li Marti (SP/ZH) den Bundesrat aufgefordert, für mehr Lohntransparenz bei Stelleninseraten zu sorgen. Er werde beauftragt, "bei allen Ausschreibungen für Stellen beim Bund oder bei bundesnahen Betrieben den zu erwartenden Lohn beziehungsweise die Lohnbandbreite anzugeben".
Es gehe auch um einen besseren Beitrag gegen die Lohndiskriminierung, argumentierte die Nationalrätin. Der Bund nenne in internen Ausschreibungen auch die Lohnklassen, bei öffentlichen Ausschreibungen aber nur teilweise. "Es ist nicht ganz ersichtlich, warum diese Transparenz auch nicht gegenüber Externen gelten soll. Verschiedene Länder kennen entsprechende Vorschriften bezüglich Lohntransparenz oder haben sie kürzlich eingeführt." So hat die EU kürzlich neue Regeln erlassen: Bis 2027 müssen europäische Unternehmen bei offenen Stellen das Einstiegsgehalt oder die Lohnbandbreite deklarieren.
Lohnklassen stehen im Internet
Lohntransparenz und Lohngerechtigkeit seien der Bundesverwaltung ein wichtiges Anliegen, erklärte der Bundesrat in seiner Stellungnahme. "Die Lohntabelle mit den Höchstbeträgen der jeweiligen Lohnklassen ist im Internet publiziert und somit für alle einsehbar. Regelmässig werden zudem die ausbezahlten Löhne mit dem Standard-Analyse-Tool des Bundes (Logib) einer Lohngleichheitsanalyse unterzogen." Die Kommunikation des Salärs im Stelleninserat könne aber missverständlich sein, zumal diese einzig den Ziellohn nenne. Dieser werde aber im Regelfall "erst nach mehreren Erfahrungsjahren und mit guten Leistungen" erreicht.
Die Regierung beantragte, die Motion abzulehnen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter sagte in der Ratsdebatte: "Der Bundesrat hat das Finanzdepartement beauftragt, Optimierungen am Lohnsystem vorzunehmen. In diesem Zusammenhang wird das EFD auch die Möglichkeit prüfen, zusätzliche Informationen bezüglich der Löhne auch externen Bewerbenden zur Verfügung zu stellen. Diese Arbeit ist aber noch nicht abgeschlossen."
Nationalrätin Marianne Binder-Keller (Mitte/AG) fragte ihre Ratskollegin Marti: "Wollen Sie mit der Transparenz der Löhne, mit ihrer Offenlegung die Angestellten der Bundesverwaltung unter Druck setzen, oder möchten Sie die Wirtschaft unter Druck setzen, höhere Löhne zu zahlen?" Diese entgegnete: "Es entspricht einer modernen Unternehmensführung, dass man ein transparentes, nachvollziehbares Lohnsystem hat – sowohl für diejenigen, die dort arbeiten, als auch für die Leute, die dort arbeiten wollen." Sie fordere aber keinerlei Verpflichtung für die Wirtschaft, das zu tun. Es gehe ihr um den Bund als Arbeitgeber, "der eine Vorbildfunktion hat". Doch der Nationalrat folgte ihrer Argumentation nicht und lehnte die Motion mit 106 zu 82 Stimmen ab.
Besonders für ICT-Fachkräfte ist Transparenz wichtig
Keinen Einfluss hat der Entscheid auf das Vorgehen von Swisscom, Post oder Postfinance. Diese haben bereits begonnen, teilweise in Jobinseraten
die Lohnbandbreite zu nennen. "In der Tendenz sind gemäss unseren Erfahrungen Lohnhöhe und Transparenz insbesondere bei ICT-Fachkräften ein wichtiges und rasch angesprochenes Thema", betonte Swisscom-Sprecherin Sabrina Hubacher im vergangenen Oktober gegenüber inside-it.ch.
Wie die Regierung schreibt, liege bei den bundesnahen Betrieben die Ausgestaltung und Kommunikation der Lohnsysteme in ihrer jeweils eigenständigen Arbeitgeberkompetenz. "Der Bundesrat greift nicht in deren Politik der Ausschreibung von offenen Stellen ein."
Auch Kanton Bern und VBZ nennen Löhne
In der Schweiz nennen auch schon weitere öffentliche Verwaltungen und Betriebe Lohnbandbreiten. So der Kanton Bern: In einem aktuellen Inserat für "Business Analyst SAP Finanzen" kann der Lohn nach Alter und Stellenprozenten eingesehen werden. Auch die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) schaffen Transparenz. Ein oder eine ICT-System-Administrator/in kann bei einem 100%-Pensum einen Lohn zwischen 95'000 und 115'000 Franken erwarten.
David Luyet, "Talentsucher" bei Swisscom, sagte in einem Interview mit inside-it.ch
zu offenen Stellen bei Swisscom: "Die Zahl soll von heute 20-30% der Inserate, wo dies angegeben wird, schnell wachsen. Bei Kandidatinnen und Kandidaten jedenfalls kommt die Lohntransparenz sehr gut an." Auf unsere Anfrage erklärt Swisscom-Sprecherin Hubacher zum aktuellen Vorgehen bei Lohnangaben: "Wir streben langfristig vermehrt Lohntransparenz an, jedoch ist es nach wie vor den Bereichen überlassen, ob sie eine Angabe machen oder nicht." Es gebe dazu momentan kein unternehmensweites Programm. "Vielmehr kommunizieren die Bereiche nach und nach vermehrt Lohnbandbreiten."