Weshalb der Bundesrat bei Post-Übernahmen nicht reinreden darf

21. November 2024 um 12:52
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Foto: Die Schweizerische Post

Die Regierung musste sich erneut zu den Zukäufen der Post äussern und betont, dass ihr in dieser Angelegenheit die Hände gebunden seien.

Die vielen Übernahmen von der Post im ICT-Sektor sorgen schon eine Weile für politische Diskussionen. Bereits 2022 wurden im Parlament zwei Motionen angenommen, die "für mehr Fairness im Wettbewerb mit öffentlichen Unternehmen" sorgen sollten. Der Bundesrat wurde darin aufgefordert, staatliche Unter­nehmen wie die Post strenger zu regulieren und Wettbewerbsverzerrungen mit dem privaten Sektor zu verhindern.
Anfang März hat der Ständerat dann als Zweitrat eine weitere Motion von Nationalrat Thomas Rechsteiner (Mitte/AI) angenommen. Sein Vorstoss forderte, dass Akquisitionen der Post ausserhalb des Leistungsauftrags dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt und begründet werden müssen. Die Regierung wurde vom Parlament damit schon zum zweiten Mal dazu aufgefordert, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um solche Zukäufe zu regulieren.
Der Bundesrat war gegen das Vorhaben und verwies in seiner Stellungnahme auf die strategischen Leitplanken für den bundeseigenen Betrieb. Zudem betonte er, dass die Politik keinen Einfluss auf das operative Geschäft der Post nehme, was sich in der Vergangenheit durchaus schon bewährt habe. Dennoch wurde die Regierung vom Parlament erneut zur Ausarbeitung einer Anpassung des Rechts verpflichtet.

Kein Auftrag, Übernahmen zu verbieten

Im September kündigte die Post dann eine weitere Akquisition aus der ICT-Branche an. Dieses Mal nahm sie den Zürcher Security-Dienstleister Open Systems, der über 260 Mitarbeitende beschäftigt, ins Visier. Diese Übernahme wiederum rief Ständerat Fabio Regazzi (Mitte/TI) auf den Plan. In einer Inter­pel­lation wollte er vom Bundesrat wissen, weshalb die Post ihre Firmen­zukäufe trotz der angenommenen Motionen fortsetzen darf.
In seiner Antwort schreibt der Bundesrat, dass es in den erwähnten Motionen darum gehe, Wettbewerbsverzerrungen durch Staatsunternehmen ein­zu­däm­men. Dieses Anliegen sei von der Frage zu trennen, wo Bundes­unter­nehmen tätig sein beziehungsweise welche Akquisitionen sie tätigen dürfen. Der Bundesrat erkenne in den Vorstössen "keinen Auftrag, den Tätigkeitsbereich von Bundesunternehmen oder deren Akquisitionen grundsätzlich einzuschränken".

Leistungsaufträge ohne Subventionen gefährdet

Auf die Frage, weshalb der Bundesrat noch keine wirksamen Massnahmen eingeführt habe, um die Forderungen der Motionen umzusetzen, antwortete er: "Die Situation bei den einzelnen Bundesunternehmen ist sehr heterogen. Es besteht deshalb keine Möglichkeit, die Problematik von Wettbewerbs­ver­zer­rungen durch eine gesetzliche Anpassung zu lösen, ohne damit einen hohen bürokratischen Aufwand zu schaffen oder die Freiheit der betroffenen Unternehmen stark einzuschränken."
Zudem würde mit einem solchen Gesetz die Eigenwirtschaftlichkeit der Bundesunternehmen und damit die Erfüllung ihrer Leistungsaufträge ohne Subventionen gefährdet werden. "Deshalb müssen Wettbewerbsvorteile im konkreten Fall identifiziert und gegebenenfalls gesetzlich beseitigt werden", schreibt der Bundesrat. Dabei verweist er auch auf einen neuen Corporate-Governance-Leitsatz der besagt, dass dies regelmässig und systematisch geschehen soll.
Gemäss dem neuen Leitsatz dürfen Bundesunternehmen über keine relevanten Wettbewerbsvorteile verfügen, wenn sie ausserhalb der übertragenen Aufgaben am Markt tätig sind. So darf die Post beispielsweise bei ihren selbstgewählten Tätigkeiten über keine relevanten Informations­vor­teile aufgrund ihrer Tätigkeit aus dem Grundversorgungsauftrag verfügen. "Der Bundesrat muss dies bei der Steuerung der Post berücksichtigen."

Verantwortung liegt uneingeschränkt bei der Post

Ständerat Fabio Regazzi wollte vom Bundesrat auch noch wissen, welche konkreten Massnahmen geplant sind, um der Post Übernahmen, "die dem öffentlichen Interesse und den Regeln des fairen Wettbewerbs wider­sprechen", zu verbieten. Der Bundesrat verweist dabei erneut auf die strategischen Ziele der Post, die ein "wesentliches Steuerungsinstrument" der Regierung gegenüber dem Staatsunternehmen seien.
Die Post lege gegenüber ihren Eignern ausführlich Rechenschaft über strategisch relevante Akquisitionen ab und schaffe damit Transparenz, schreibt der Bundesrat. Dabei habe man jeweils auch die Gelegenheit, sich qualifiziert zu den einzelnen Projekten zu äussern. "Die Verantwortung für die Unternehmensstrategie und damit auch Akquisitionen liegt jedoch un­ein­ge­schränkt beim Verwaltungsrat der Post", so die Regierung.

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