Im vergangenen März gab der Agrarkonzern Fenaco bekannt, das IT-Unternehmen Bison mit dem eigenen IT-Dienstleistungsbetrieb Fenaco IT
zu fusionieren. Der Konzern hatte Bison
2014 übernommen, nachdem er zuvor mehrere Millionen Franken Darlehen an Bison
abgeschrieben hatte. Ab dem 1. Januar 2025 sollen Bison Schweiz und Fenaco Informatik unter einem Dach auftreten. Auch die Geschäftsleitungen werden zusammengelegt. Den Vorsitz des Unternehmens übernimmt Florian Bernauer, seit 2017
CEO von Bison. Inside-it.ch hat mit ihm über den Stand der Fusion, deren Auswirkungen auf die Mitarbeitenden und über die zukünftige Marktausrichtung des Unternehmens gesprochen.
Im Frühjahr wurde die Fusion von Bison und Fenaco IT bekanntgegeben. Welcher Name bleibt?
Florian Bernauer: Wir werden unter Bison auftreten. Die beiden Einheiten ergänzen sich optimal: Wir haben die Fenaco Informatik, die Services von der Planung, über die Implementierung bis zum Betrieb von IT-Lösungen anbietet. Bei Bison haben wir die Schwerpunkte in der Applikations- und Softwareentwicklung.
Weshalb der Name Bison? Das gleichnamige Unternehmen wurde einst von der Fenaco-Gruppe übernommen. Eine Übernahme, die nicht ohne Nebengeräusche verlief, es ging um Millionendarlehen…
Ich weiss, was Sie ansprechen. Ich kam selbst 2012 durch einen Zukauf zu Bison und habe die Übernahme durch Fenaco miterlebt. Wir haben nach der Übernahme gemeinsam das Unternehmen komplett neu aufgestellt, angefangen bei der Strategie, der Vision, den Werten, Zielen und so weiter. Und es damit wieder auf Kurs gebracht. Für mich ist diese alte Geschichte Vergangenheit. Der Name Bison ist auch für viele Kundinnen und Kunden nicht mehr vorbelastet.
Was bedeutet die Fusion für die Mitarbeitenden? Kommt es zu Entlassungen?
Das ist nicht vorgesehen, denn es gibt nur wenige Doppelspurigkeiten in unserem Angebot. Zudem benutzen wir seit langem dieselben Rechenzentren und haben vor Jahren die Finanz- und HR-Services zusammengelegt. Auch die Standorte in der Schweiz und in Deutschland bleiben erhalten.
Wir erwarten im Rahmen der Zusammenführung keinen grossen Kulturwandel, haben aber extra eine Kulturgruppe für derartige Fragestellungen eingerichtet. Bisher gab es fast keine negativen Rückmeldungen der Mitarbeitenden. Bison bringt rund 350 Vollzeitstellen, Fenaco IT rund 180 Vollzeitstellen in das gemeinsame Unternehmen ein. Zusammen gezählt sind dies über 500 Mitarbeitende und dies soll so bleiben.
Die Portfolios der beiden Unternehmen werden beibehalten?
Das Leistungsportfolio bleibt gleich. Allfällige Erweiterungen entstehen nicht durch die Zusammenführung, sondern eher durch den Bedarf in unseren Märkten. Ich gehe davon aus, dass wir in Zukunft zumindest mal nicht schrumpfen und eher wachsen werden. Denn der Bedarf an Digitalisierung steigt.
Mit über 500 Mitarbeitenden werden Sie zu einem grösseren IT-Anbieter auf dem Markt. Wen wollen Sie ansprechen?
Wir sind ein Dienstleister innerhalb der Fenaco-Gruppe, aber auch im externen Markt tätig. Wir gehören nicht zu den Kleinsten, aber auch nicht zu den ganz Grossen. Fenaco IT hat sehr viel Erfahrung mit dem Betrieb von Lösungen in der gesamten Fenaco-Gruppe und stellt die IT-Infrastruktur zum Beispiel für alle Landi- und Volg-Läden. Bison erstellt und bietet eigene Software-Applikationen an. Wir fokussieren uns gemeinsam auf die Digitalisierung und die Optimierung von Support- und Kernprozessen in den Branchen Agrar, Handel, Produktion und Energie. Das sind die Bereiche, in denen wir uns wohlfühlen.
Auch in diesem Markt sind Sie nicht der einzige Anbieter.
Das ist richtig. Aber wir behaupten uns schon lange am Markt in der Schweiz und in Deutschland. Wir unterstützen unsere Kunden zum Beispiel bei Bestell-, Auftrags- und Planungsprozessen, der Sortimentsgestaltung oder der Preiskalkulation – entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette. In Deutschland gehört zum Beispiel Rewe Dortmund seit langem zu den Bison-Kunden, auch die Jet-Tankstellen. Im ERP-Bereich führt gerade eine der grössten deutschen Zoofachhandlungen unser System ein, und wir rollen momentan eine unserer IT-Lösungen bei einem Schweizer Discounter aus.
Smart Farming ist ein weiterer Bereich, der uns interessiert. Hier bauen wir Apps für Barto, eine Plattform für die Digitalisierung der Schweizer Landwirtschaft. Auch im E-Commerce sind wir aktiv: Wir haben den Webshop Agrar für die Agrar-Produkte von Fenaco für die Schweizer Landwirtinnen und Landwirte gebaut. Er ist aktuell in der Pilotphase. Besonders stolz bin ich auf eine Lösung bei Volg: Die Fenaco-Tochter hat eine grosse Anzahl regionaler und lokaler Zulieferer für die lokalen Sortimente. Aber teilweise haben diese Lieferanten keine IT-Systeme. Wir haben nun eine Lösung gebaut, mit der sie – einfach gesagt – digital unterstützt und in unsere IT-Systeme integriert werden und somit weiterhin ihr Gemüse, ein Glas Honig oder ein Stück Fleisch im Laden vorbeibringen und verkaufen können.
Wenn die Fusion im Januar 2025 vollzogen ist, worauf freuen Sie sich?
Ich bin froh, dass alles nach Plan läuft. Diese Zusammenlegung war ja auch kein 5-Minuten-Entscheid. Wir bekommen aus meiner Sicht eine einmalige Chance mit dieser Zusammenführung. Auf der einen Seite stellen wir mit Top-IT-Leuten eine IT-Infrastruktur für die Digitalisierung von Fenaco bereit, einen Konzern mit sieben Milliarden Franken Umsatz und diversen Branchen. Auf der anderen Seite bedienen wir auch den externen Markt mit ausgereiften IT-Lösungen und schaffen dadurch Synergien. Für mich persönlich? Ich bin nicht so der Admin-Mensch, ich mag es mehr, über strategische Dinge nachzudenken und mit Kundinnen und Kunden über Projekte und neue Vorhaben zu sprechen. Darauf freue ich mich besonders.