Vogt am Freitag: Über Bluesky lacht die Sonne, über Twitter fast die ganze Welt

13. Oktober 2023 um 06:30
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Nach verschiedenen Versuchen scheint die Twitter-Alternative endlich gefunden. Auf Bluesky kommen nostalgische Gefühle hoch.

Ziemlich genau anderthalb Jahre ist es nun her, seit Elon Musk für 44 Milliarden Dollar Twitter gekauft hat. Ich werde jetzt nicht nochmal wiederholen, was alles passiert ist. Es bleibt die Feststellung: Es ist kein schöner Ort mehr, sondern ein destruktiver. Es gefällt mir nicht mehr dort und ich logge mich immer seltener ein.
Leider war das absehbar. Ich schrieb im Oktober 2022, dass Twitter zur Gefahr für die Demokratie wird. Das ist eingetroffen. Propaganda, Hassrede, Antisemitismus und Fake News dominieren – in der Hauptrolle sind viele Accounts, die für die Nutzung von Twitter zahlen. Ausgerechnet!

Twitter-Nutzung wird auch gefährlich

Und die Nutzung von Twitter – ich werde mich nicht mehr an den neuen Namen gewöhnen, das lohnt sich nicht mehr – ist sogar gefährlich geworden. Dem Security Lab von Amnesty International zufolge, wurde die Spyware "Predator" darüber verbreitet.
Zumindest wirtschaftlich geht Musks Rechnung nicht auf. (Ob er noch eine andere hat, ist nicht klar). Jedenfalls sind die Werbeeinnahmen um über die Hälfte eingebrochen. Das Minus konnte die Bezahlkundschaft bei weitem nicht auffangen.

Twitter zahlt monatlich 300 Millionen Schulden ab

Der Wert von Twitter wird aktuell noch auf 8 Milliarden Dollar geschätzt. "Das Unternehmen ist jetzt weniger wert als die Schulden, die es hat", schrieb das Magazin 'Netzpolitik.org' treffend. Denn: Twitter müsse jeden Monat 300 Millionen Dollar Schulden abzahlen, heisst es dort.
Für mich ist somit klar: Lange geht das nicht mehr gut. Deshalb lohnt es sich auch nicht mehr, den neuen Namen des Unternehmens zu lernen. Stattdessen empfiehlt sich die Suche nach einer Alternative.
Mastodon und Threads wurden zwar als solche gehandelt, kommen aber nicht wirklich infrage. Ersteres ist zu kompliziert und zu nerdig für die Masse. Es kam mir vor, wie meine (erfolglosen) Versuche, Linux aufzusetzen. Threads stammt aus dem Hause Meta – und, wie soll ich sagen – ich lösche nicht meine Instagram- und Facebook-Accounts, um dann bei Threads wieder einen zu eröffnen.

Im Bluesky ist es himmlisch

Wo es mir aktuell am besten gefällt, ist bei Bluesky. "Im Himmel", wie es auf Twitter genannt wird. Und verglichen mit Twitter ists tatsächlich himmlisch dort. Ich fühle mich ein bisschen wie auf Twitter vor 10 Jahren: Es gibt gute Debatten, hilfsbereite Menschen und immer mehr Journalistinnen, Politiker und Medien – ein untrügliches Zeichen dafür, dass eine Plattform relevant wird.
Derzeit lacht über Bluesky die Sonne. Über Twitter hingegen würde fast die ganze Welt lachen, wenn es denn nicht so traurig wäre.

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