Illustration: Erstellt durch inside-it.ch mit Midjourney
Big Tech sammelt viele persönliche Informationen. Mit dem Aufkommen von IoT-Geräten werden aber auch immer mehr technische Daten dazukommen.
Am 11. April trafen sich Mitglieder des schweizerischen Verbands der Telekommunikation (Asut) und weitere Interessierte im Kursaal in Bern zur jährlichen IoT-Konferenz. Die Themen der Veranstaltung waren Herausforderungen und Chancen, die durch die Konnektivität zwischen Computern, Netzwerken, Maschinen und Infrastrukturen entstehen können. Das Motto der 6. Ausgabe der Konferenz lautete "Exploring the Future of IoT Trends and Opportunities".
Asut-Präsident Peter Grütter begrüsste die Teilnehmenden. Er machte Witze über seine angeschlagene Hüfte und darüber, dass er wohl bald selbst einen Sensor implantiert bekommt. IoT stehe derzeit zwar etwas im Schatten von Künstlicher Intelligenz, sei aber dennoch ein riesiges Wachstumsfeld, sagte er. In der nächsten Dekade werden jährliche Wachstumsraten von 20 bis 25% erwartet. Damit könnte bis 2034 ein weltweiter Markt von mehr als 3 Billionen Dollar entstehen.
Die zunehmende Vernetzung von Geräten berge aber auch Risiken, sagte Grütter. Dadurch habe die Sicherheit einen noch grösseren Stellenwert erlangt als früher. Integriertes Denken werde immer wichtiger. "Die Systeme erreichen eine Komplexität, die nicht ohne Governance klarkommt", führt er weiter aus. So soll die Bedrohung, die von einem vernetzten Toaster in der Cafeteria ausgeht, in etwa gleich hoch sein, wie von einem Computer.
Daten für Sammler
Marc Strittmatter. Foto: zVg
In der ersten Keynote des Tages erklärte Marc Strittmatter, Professor für Wirtschaftsrecht der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz (HTWG), wie sich der Data Act der EU auf die Schweiz auswirkt. Bislang hätten die Schweiz und die EU ihre Daten an die grossen amerikanischen Tech-Konzerne geliefert, die dann Geld damit verdient haben.
Mit dem Data Act soll sich dies jedoch ändern. Neben persönlichen Daten, die vor allem von Social-Media-Plattformen gesammelt werden, sollen damit auch technische Daten von IoT-Geräten reguliert werden. So soll es zu einer fairen Verteilung der gesammelten Informationen kommen.
Als Beispiel führt er eine industrielle Spülmaschine an, die Daten von Gastrounternehmen sammelt. Das Problem dabei: Aktuell verfügt der Hersteller über sämtliche Daten, die Restaurantbetreiber dagegen gehen leer aus, obwohl sie diejenigen sind, die die Informationen zusammentragen. In Zukunft sollen sie dank dem Data Act darauf zugreifen können.
Wissensvorsprung als Vorteil
Christoph Zogg, Foto: zVg
Christoph Zogg, Head of Business Transformation bei Swisscom, sprach zur Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Unternehmen im Zeitalter von KI. Auch er betonte, dass IoT und Künstliche Intelligenz zusammenhängen. In einer humorvollen Präsentation zeigte er etwa auf, wie mit KI mehr Automatisierung erreicht werden kann.
Um den Teilnehmenden das Ausmass der Möglichkeiten aufzuzeigen, verglich er das chinesische Finanzinstitut Ant Goup mit der hiesigen UBS. Während in China 10'000 Mitarbeitende rund 700 Millionen Kundinnen und Kunden betreuen, braucht die Schweizer Bank rund doppelt so viele Angestellte für lediglich 3 Millionen Kunden. Das entspricht einem Multiplikator von 466.
Um einen solchen Automatisierungsgrad zu erreichen, habe die Ant Group ein einfaches Prinzip eingeführt. Ein Formular soll innert zwei Minuten ausgefüllt sein, der Check der Daten soll lediglich eine Sekunde dauern und dabei sollen möglichst keine Mitarbeitenden involviert sein. "Gnade Gott, wenn die Finma der Ant Group jemals eine Schweizer Banklizenz erteilt", warnte Zogg vor der Konkurrenz aus China.
Das Thema KI überlagere derzeit alles. Neben der Automatisierung sei es aber auch wichtig, dass sich Unternehmen in diesem Bereich einen Wettbewerbsvorteil durch Wissensvorsprung sichern. Gerade im Umgang mit KI sei dies entscheidend, so Zogg. "Dafür braucht man aber Daten und diese müssen entweder von Menschen oder IoT-Geräten erhoben werden."
Zahlreiche Anwendungsbeispiele
Martin Bosshardt, Foto: zVg
Vor und nach der Mittagspause zeigten verschiedene Unternehmen in kurzen Präsentationen ihre IoT-Use-Cases. Insgesamt zehn Unternehmen hatten jeweils acht Minuten Zeit, um ihre Lösungen zu präsentieren. So erklärte Martin Bosshardt, CEO Anapaya, die Vorzüge der Scion-Technologie. Das Internetprotokoll wurde an der ETH Zürich entwickelt und soll dabei helfen, den Datenverkehr sicherer zu machen.
Marc Tesch, Senior Consultant und Strategic Business Developer bei Substring, zeigte auf, wie der Verkehrsbetrieb Bernmobil IoT einsetzt, um die Lärmbelastung seiner Trams zu reduzieren. Dazu werden die Fahrzeuge mit Sensoren ausgestattet, die den Lärm während der Fahrt aufzeichnen. Dank der gesammelten Daten können dann mit Anpassungen sowohl die Lärmemissionen als auch der Verschleiss des Materials verringert werden.
Thomas Haiz,Vorstand des Swiss Transit Labs und Senior Manager bei Q-Perior, erzählte vom selbstfahrenden Bus "Rhyder", der in Schaffhausen seit 2023 seine Runden dreht. "Durch die Implementierung der 5G-Technologie ergeben sich zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile für das autonome Fahren im öffentlichen Verkehr", sagte er.
Cybersicherheit neu denken
Raphael Reischuk, Foto: zVg
Zum Abschluss der Veranstaltung sprach Raphael Reischuk,Group Head Cybersecurity von Zühlke zum Thema Sicherheit. "Wirtschaft und Gesellschaft sind mehr denn je auf die Zuverlässigkeit digitaler Systeme und Infrastrukturen angewiesen", sagte er. Weil Cyberbedrohungen aber gleichzeitig immer stärker zunehmen, müsse die Cybersicherheit neu überdacht werden. Unter anderem forderte Reischuk mehr Resilienz.
Dabei waren sich alle Beteiligten zumindest über drei Aspekte einig: So müssen zukunftsfähige IoT-Lösungen neue technologische Trends integrieren können. Dabei müssen sie den höchsten Ansprüchen in Sachen Cybersecurity genügen. Und fast am wichtigsten: Sie müssen in reale Anwendungsfälle und somit profitable Geschäftsmodelle umgesetzt werden.