Die digitalpolitischen Massnahmen der EU sind weitreichend und die Schweiz ist in vielen Bereichen von den regulatorischen EU-Initiativen betroffen. Zu diesem Fazit kommt die Interdepartementale Koordinationsgruppe EU-Digitalpolitik (IK-EUDP), die unter der Federführung des Bakom und des Staatssekretariats des EDA ein Monitoring zu den Auswirkungen der EU-Digitalstrategie auf die Schweiz durchgeführt hat. Ähnliche Analysen wurden bereits in den Jahren 2021 und 2019 publiziert.
Die aktuelle Analyse bestätige die Tendenzen von 2021, schreiben die Verantwortlichen. Die Massnahmen der EU seien zwar weitreichend und würden die Schweiz betreffen. Allerdings gebe es keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Insbesondere zeige sich auch, dass es keine erheblichen Marktzugangshürden für die Schweiz im digitalen Bereich gebe.
EU als globale Standardsetzerin
Mit den beiden grossen Gesetzespaketen im Bereich der Plattform-Regulierung Ende 2022 – dem
Digital Services Act und dem
Digital Markets Act – habe die EU bewiesen, dass sie auch ambitionierte Projekte durch den Gesetzesprozess bringen kann, heisst es weiter.
Zudem zeige sich auch eine Tendenz zu sektorenübergreifenden Rechtsakten, was Kompetenzen von den Mitgliedstaaten zur Europäischen Kommission verschiebe. Beispielsweise habe die Kommission in der Plattform-Regulierung neue Aufsichts- und Durchsetzungskompetenzen hinzugewonnen. Auch in neuen Bereichen wie KI etabliere sich die Kommission gegenüber den Mitgliedsstaaten als zuständige Institution, so die Analyse.
Immer häufiger nehme die EU in Sachen Digitalpolitik die Rolle einer globalen Standardsetzerin ein. Dies bedeutet, dass ausländische Unternehmen, die in der EU aktiv sind, sich den Regeln anpassen müssen. Die Grösse und Bedeutung des europäischen Marktes dürfte auch dazu führen, dass viele Unternehmen die europäischen Anforderungen auch ausserhalb der EU anwenden werden.
Data Act könnte für Schweiz relevant werden
Derzeit verhandeln EU-Rat und -Parlament den
Data Act. Dieser sieht unter anderem eine Interoperabilität von Cloud-Diensten vor. Sprich für Kunden muss es einfacher werden, ihren Cloud-Anbieter wechseln zu können; Cloud-Dienste müssen die Kompatibilität mit offenen Schnittstellen oder Standards gewährleisten.
Noch ist nicht entschieden, ob der Data Act eine extraterritoriale Wirkung haben soll, wie es der Rat vorgeschlagen hatte. Wird dieser Vorschlag angenommen, wird die Verordnung nicht nur für Anbieter innerhalb der EU gelten, sondern für alle Anbieter, die entsprechende Produkte und Lösungen an EU-Kunden verkaufen wollen. Dies ist beispielsweise bei der DSGVO der Fall.
Sollte sich der Vorschlag des Rats durchsetzen, müssten Schweizer Unternehmen den Verpflichtungen des Data Acts grundsätzlich nachkommen, sofern sie im EU-Binnenmarkt tätig sind.
Wenig Marktzugangshürden für Schweizer Unternehmen
Seit Februar 2020 verfügt die EU über eine neue Digitalstrategie, die in den letzten Jahren mit verschiedenen Gesetzesvorschlägen Schwerpunkte in Bereichen wie Online-Plattformen, Datenpolitik und KI gesetzt hat. Mittlerweile lassen sich insgesamt 35 verschiedene Massnahmen in der EU-Digitalstrategie verorten.
Die ausführliche Analyse der IK-EUDP listet die einzelnen EU-Gesetzespakete und zeigt jeweils mögliche Auswirkungen für die Schweiz. Neben dem Data Act sind dies unter anderem Regulierungsvorschläge für KI, die
EU-Cybersicherheitsstrategie oder die Verordnung über
Data Governance. Die vollständige Analyse kann auf der
Website des Bakom heruntergeladen werden.
Insgesamt, so das Fazit, bestehe für die Schweiz kein unmittelbarer Regulierungsbedarf. Allerdings könnten sich Massnahmen auf EU-Ebene noch erheblich verändern. Die genauen Folgen für die Schweiz lassen sich erst nach Abschluss der jeweiligen legislativen Arbeiten abschätzen, wie es abschliessend heisst.