EFK: Die Nutzungsdauer von Polycom ist nicht ausreichend abgesichert

29. August 2024 um 10:36
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Illustration: Erstellt durch inside-it.ch mit Midjourney

Die Migration auf die neue Technologie läuft zwar flott, aber schon bald könnten personelle Abgänge zu neuen Problemen beim Notfallfunknetz führen.

Das DTI-Schlüsselprojekt "Werterhalt Polycom 2030" (WEP 2030) steht unter keinem guten Stern. Bei dem Vorhaben geht es darum, das bestehende Poly­com-Funknetz der Blaulichtorganisationen so lange zu betreiben, bis ein "neues zukunftsgerichtetes, mobiles, breitbandiges Sicherheits­kommuni­ka­ti­ons­­system" (MSK) in Betrieb genommen werden kann. Voraussichtlich steht die bestehende Infrastruktur bis 2035 im Einsatz.
Vor über zwei Jahren hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) das Projekt genauer unter die Lupe genommen. Damals ist das Urteil der Prüfbehörde vernichtend ausgefallen. Bemängelt wurde insbesondere die Umsetzung des IKT-Grundschutzes, weil von Atos versprochene personelle Ressourcen oder Liefertermine nicht eingehalten werden konnten.

Zu Polycom

Polycom ist das Funksicherheitsnetz der Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (Bors). Es ermöglicht den Funkkontakt innerhalb und zwischen den verschiedenen Blaulichtorganisationen, dem BAZG, dem Zivilschutz und unterstützenden Verbänden der Armee. Die Infrastruktur wird gemäss Babs von 60'000 Personen täglich genutzt. In den Werterhalt und die Modernisierung sind Milliarden von Franken geflossen.

Ende in Sicht

Mittlerweile wurden rund die Hälfte der Antennen auf die neue Technologie umgestellt und sind in Betrieb. Der Migrationsabschluss per Ende 2024 liegt gemäss EFK in "greifbarer Nähe". Dazu schreibt die Behörde: "Das Bundesamt für Zoll und Grenzschutz (BAZG) und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) können konzeptionelle Risiken mittlerweile ausschliessen."
Die Umstellung läuft also und der Abschluss des Projektes ist in Reichweite. Damit hören die Probleme von Polycom aber nicht auf, denn das neue System wird die vorgesehene Nutzungsdauer bis Ende 2030 nur knapp abdecken können. Dann läuft der Wartungsvertrag für die Instandhaltung des Funk­netzes definitiv aus.

Funkgeräte nicht mehr lieferbar

Die Infrastruktur von Polycom soll voraussichtlich so lange bestehen, bis 2035 das neue MSK eingeführt wird. Während die IP-Backbones und Richt­funk­an­lagen von verschiedenen Lieferanten in der Schweiz aufgebaut wurden, stammt die Ausrüstung der Basisstation von Airbus. Seit etwa 2018 ist die aktuelle Generation der Airbus-Funkgeräte in der Schweiz flächendeckend im Einsatz.
Gemäss der EFK fällt Ende 2026 aber die Beschaffungsmöglichkeit für diese Geräte weg, da der Hersteller die Produktion einstellt. "Die Funkgeräte wurden mit hohem Aufwand auf den Einsatz vorbereitet und der Weg dorthin war beschwerlich", schreibt die Behörde. So wurden bei der Einführung zahlreiche erhebliche Mängel festgestellt, die aber mittlerweile behoben sind.
Airbus hat mündlich eine Nachfolgelösung in Aussicht gestellt. Diese soll sowohl mit den bestehenden Anlagen als auch mit der kommenden Mobil­funk­technologie einsetzbar sein.

Fehlendes Know-how befürchtet

Der Aufbau von Fachwissen zum Funksystem sei zeitaufwendig und angesichts des nahenden Technologieendes für neue Arbeitskräfte wenig attraktiv. Know-how für Polycom könnte durch Personalabgänge bedroht und damit der Betrieb gefährdet werden, schreibt die EKF.
Das BAZG sei daher gefordert, dieses Know-how über die gesamte Nutzungs­dauer von Polycom sicherzustellen und die beschaffungsrechtliche Situation des auslaufenden Supportvertrags rasch zu klären, hält die Finanzkontrolle fest. "Geht man von regulären Pensionierungen aus, kann das Betriebsteam Polycom nur knapp bis zu dessen Einsatzende 2035 betreut werden."
Inwieweit der Rückbau des alten Systems bis Ende 2025 abgeschlossen sein wird, sei ebenfalls noch unklar, schreibt die EFK. "Dieser Zeithorizont bleibt angesichts des ausstehenden Arbeitsvolumens ambitiös", heisst es von der Prüfbehörde.

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