Wahl-Report: Die Mitte

Von 6. September 2023 um 07:00
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Foto: zVg

Die Mitte äussert sich zu Themen wie Public Cloud, Cybersicherheit, Fachkräftemangel, digitaler Franken und E-Government.

Im Vorfeld zu den Eidgenössischen Parlamentswahlen am 22. Oktober haben wir die Fraktionsparteien im Bundeshaus zu zahlreichen digitalen Themen befragt. Während 6 Wochen zeigen wir Ihnen jeweils am Mittwoch, wie GLP, die Mitte, die Grünen, SP, SVP und FDP zu Künstlicher Intelligenz, Cloud bei Behörden, Datenschutz, IT-Beschaffungen, digitale Währungen und anderen kontroversen Digitalthemen stehen. Damit möchten wir Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit geben, sich über die Digitalkompetenz der Parteien sowie deren Standpunkte zu informieren. Die Abfolge für die Publikation der Beiträge wurde in unserem Podcast ausgelost.
Heute: Die Mitte.
Die öffentliche Verwaltung zieht in die Cloud. Wie steht Ihre Partei zur Verwendung von Public-Cloud-Dienstleistungen durch Behörden? Welche Daten sollen dort gespeichert werden dürfen? Cloud-Lösungen bringen im Arbeitsalltag viele Möglichkeiten, von denen auch die Angestellten des Bundes profitieren sollen. Die jüngsten Ereignisse zeigen aber auf, dass die Datensicherheit sowie der Datenschutz jederzeit gewährleistet sein muss. Besonders bei der Benützung von externen Anbietern gilt es genau zu prüfen und zu regeln, welche Daten in welcher Form weitergegeben werden dürfen. Der Speicherung von hochsensiblen Daten auf Plattformen ausserhalb der Bundesverwaltung stehen wir grundsätzlich kritisch gegenüber. In erster Linie soll darum die Zusammenarbeit mit Schweizer Dienstleistern sicherer gestaltet werden.
Manche Länder verbieten Technologien von chinesischen Anbietern. In der Schweiz ist solche Netzwerkausrüstung im Einsatz. Muss dagegen etwas getan werden? Den Einsatz von Komponenten, deren Hersteller unter der Kontrolle von autoritären Regimen stehen, erachten wir durchaus als problematisch. Es gilt aus unserer Sicht, kritisch zu prüfen, ob es nicht alternative Einsatzteile gibt. Dies gilt insbesondere für die Betreiber von Kritischer Infrastruktur.
Unterstützen Sie die Idee, dass sich grosse Internetplattformen an den Kosten für den Netzausbau beteiligen müssen? Der Netzausbau ist durch die Netzbetreiber voranzutreiben und nicht über allfällige Internetplattformen. Dies verhindert auch allfällige Abhängigkeiten.
Mit der Post dringt ein Bundesbetrieb verstärkt in den digitalen Sektor vor. Wie stehen Sie zu den zahlreichen Übernahmen und der Strategie der Post? Die Aufgabe der Post ist seit jeher der Transport von vertraulicher Information von A nach B. Mit der zunehmenden Digitalisierung verändert sich lediglich der Transportweg. Insofern ist es legitim, dass sich auch die Post in weiteren Branchen engagiert.
Soll die Schweiz sich eine eigene digitale Währung zulegen? Könnte ein digitaler Franken die Schweizer Wirtschaft voranbringen? Der aktuelle Kryptomarkt ist sehr instabil. Darum könnte die Schweiz durchwegs eine spannende Alternative anbieten. Dies könnte die digitale Wirtschaft stärken und Innovationen im Bereich der Finanztechnologie vorantreiben.
Die Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen kommt. Wie steht die Mitte zur Meldepflicht? Geht sie zu weit? Zu wenig weit? Das Geschäft ist aktuell noch in der parlamentarischen Debatte. Wir sehen dort die unterschiedlichen Ansprüche und es gilt eine gute Lösung zu finden. Wir finden es aber wichtig, dass wir wissen, ob und wo Cyberangriffe stattfinden, damit wir zum einen ein gesamtschweizerisches Bild erhalten und notfalls auch Massnahmen dagegen unterstützen können.
Sollte eine solche Meldepflicht auch für Unternehmen eingeführt werden? Es macht durchaus Sinn, dass eine entsprechende Meldepflicht auch für Unternehmen ab einer bestimmten Grösse eingeführt würde. Wichtig ist dort jedoch, dass die Meldung schnell und unkompliziert vorgenommen werden kann.

Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister: "Noch immer haben viele Menschen Respekt vor der Digitalisierung"

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Gerhard Pfister.
Welches Digital-Thema beschäftigt Sie persönlich am meisten?
Momentan vor allem der digitale Wahlkampf und wie ich es schaffe, auch die jüngere Wählerbasis zu erreichen.
In welchen Bereichen ihres alltäglichen Lebens nehmen Sie die Digitalisierung am stärksten wahr?
Ich bin jemand, der gerne liest und stelle fest, dass immer mehr Buchhandlungen verschwinden. Der Onlinehandel hat hier eine Branche nahezu verdrängt. Ich bin froh, habe ich noch meine Stammbuchhandlung, denn ich schätze die persönliche Beratung.
Wo hat die Schweiz ihrer Meinung nach das grösste Potenzial in der Digitalisierung?
Aus meiner Sicht sehe ich zwei Bereiche. Zum einen bei den vielen Behördengängen, welche noch immer eine physische Unterschrift benötigen und zum anderen im Gesundheitsbereich. Gerade beim elektronischen Patientendossier kommen wir nicht vorwärts.
Wo sehen Sie die grössten Probleme?
Noch immer haben viele Menschen Respekt vor der Digitalisierung. Dies auch weil oft über negative Beispiele berichtet wird. Solange wir dieses Thema aber nicht wieder positiv besetzen können, werden die Menschen kritisch sein gegenüber jeder Veränderung.
Braucht die Schweiz einen Digitalminister oder eine Digitalministerin?
Nein, ich glaube die Schweiz fährt gut mit ihren sieben Ministerinnen und Ministern, die sie hat. Ein weiterer würde wohl eher dazu führen, dass die Parteien diskutieren, wer diesen stellen darf, anstatt man sich den inhaltlichen Themen widmen würde.
Welche Rolle soll dem neuen Bundesamt für Cybersicherheit zukommen? Und wie kann die Trennung zwischen zivilen und militärischen Aufgaben bewerkstelligt werden? Wir sehen, dass die Anzahl der Angriffe auch in der Schweiz stetig zunimmt. Betroffen sind sowohl Behörden als auch Unternehmen der öffentlichen Hand und die Privatwirtschaft. Insofern ist die Bündelung der Ressourcen in einem zentralen Bundesamt ein erster wichtiger Schritt, um die zukünftigen zivilen Herausforderungen zu meistern.
Wird mit dem revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen alles besser? Geben Behörden und Verwaltung zu viel Geld für IT-Projekte aus? Die Problematik bei IT-Projekten liegt im Regelfall in der mangelnden Projektausschreibung und den sich oft ändernden Leistungsbeschreibungen. Ob und in welcher Form hier das revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen wirklich unterstützt, können wir daher noch nicht abschätzen.
Wie steht die Schweiz bei der Digitalisierung der Verwaltung? Wo sehen Sie den grössten Aufholbedarf? Die Schweiz steht in der Digitalisierung der Verwaltung solide da, aber nicht mehr. Wir sehen noch grosses Potenzial. Beispielsweise hat die Schweiz kein zentrales Betreibungsregister oder es können online keine Firmen gegründet werden. Zudem gibt es noch zahlreiche Behördengänge, die nach wie vor physische Unterschriften benötigen.
Der Schweiz fehlen in den nächsten Jahren Tausende IT-Fachkräfte. Müssen als Konsequenz mehr Fachkräfte aus Drittstaaten geholt oder IT-Dienste ausgelagert werden? Der Fachkräftemangel betrifft in der Schweiz nicht nur die IT-Branche, sondern auch viele andere Branchen. Sicher gilt es MINT-Fächer in der Schule zu stärken. Aber auch die Unternehmen müssen mehr in ihre Nachwuchsförderung investieren und ihre internen Prozesse optimieren. Den Fachkräftemangel einfach mit Personen aus Drittstaaten zu kompensieren kann im Notfall ein Weg sein, sollte aber nicht im Vordergrund stehen müssen.
Eine mögliche KI-Regulierung ist in der EU und anderen Ländern ein grosses Thema. Welche Schritte muss die Schweiz hier unternehmen? Wo sehen Sie Vorteile, wo Gefahren dieser Technologie? Im Rahmen der Politik sehen wir das grösste Risiko im Einsatz von KI, wenn es um Massenmanipulation geht, welche zu einer verstärkten Polarisierung führen kann. Für das reibungslose Funktionieren unserer Demokratie sowie zur Sicherung des sozialen Zusammenhalts ist es von entscheidender Bedeutung, dass Bürgerinnen und Bürger unterscheiden können, was falsch und was wahr ist. In diesem Sinne ist es für uns ein wichtiges Element, Richtlinien zu definieren, die die Produktion und Identifizierung von KI-generierten Inhalten regeln.
Inwiefern setzt die Mitte Künstliche Intelligenz ein? Zum jetzigen Zeitpunkt setzt Die Mitte in ihrer Arbeit und den Kampagnen noch keine Künstliche Intelligenz ein.
Was gehört zu einem digitalen Service Public? Wie stehen Sie zur Einführung von E-ID, E-Voting oder dem Elektronischen Patientendossier (EPD)? Aus Sicht der Mitte muss der digitale Service Public rascher und stärker ausgebaut werden. Gerade die Pandemie hat aufgezeigt, dass im Gesundheitswesen noch vieles analog läuft. Hier sehen wir Möglichkeiten, die explodierenden Gesundheitskosten mindestens ein wenig zu drosseln.
Welche Rolle muss dem Datenschutz bei der Digitalisierung solcher Dienste und Personendaten zukommen? Genügen die momentanen Instrumente mit dem aktualisierten Datenschutzgesetz? Wir haben heute in der Schweiz bereits ein sehr restriktives Datenschutzgesetz. Wir sehen daher aktuell davon ab, dieses noch weiter zu verschärfen. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass aggregierte Daten vermehrt Dritten zur Verfügung gestellt werden sollten. Dies beispielsweise für die medizinische Forschung oder die Raum- und Verkehrsplanung.
Welche Art von Daten sammelt die Mitte von Wählerinnen und Wählern? Die Mitte hat auf Ihrer Website Google Analytics sowie Facebook Pixel installiert und dies auch transparent ausgewiesen. Dies ermöglicht es uns, unsere Zielgruppen bei der Ausstrahlung von Werbung gezielter anzusprechen. Hier erhalten wir Daten, welche Userinnen und User zur Verfügung stellen. Im Wesentlichen relevant sind für uns Altersgruppe, Geschlecht oder Wohnregion.
Über welche digitalen Kanäle wird Werbung im Wahlkampf geschaltet? Die Mitte Schweiz führt einen rein digitalen Wahlkampf und schaltet Werbung in den gängigen sozialen Medien, Onlinezeitschriften sowie in ausgewählten Applikationen.

Wahl-Report 2023

Am 22. Oktober stehen die eidgenössischen Wahlen an. Inside-it.ch befragt die 6 Fraktionsparteien im Bundeshaus zu digitalen Themen.

Antworten der Parteien

30. August: GLP 6. September: Die Mitte 13. September: Die Grünen 20. September: SP 27. September: SVP 4. Oktober: FDP

Analysen

Podcast

Wie digitalaffin sind unsere Parteien? Jetzt anhören!

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