Wahl-Report: Die Schweizerische Volkspartei

Von 27. September 2023 um 07:10
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Foto: SVP

Die SVP äussert sich zu Themen wie Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Fachkräftemangel, digitaler Franken und E-Government.

Im Vorfeld zu den Eidgenössischen Parlamentswahlen am 22. Oktober haben wir die Fraktionsparteien im Bundeshaus zu zahlreichen digitalen Themen befragt. Während 6 Wochen zeigen wir Ihnen jeweils am Mittwoch, wie GLP, die Mitte, die Grünen, SP, SVP und FDP zu Künstlicher Intelligenz, Cloud bei Behörden, Datenschutz, IT-Beschaffungen, digitale Währungen und anderen kontroversen Digitalthemen stehen. Damit möchten wir Wählerinnen und Wählern die Möglichkeit geben, sich über die Digitalkompetenz der Parteien sowie deren Standpunkte zu informieren. Die Abfolge für die Publikation der Beiträge wurde in unserem Podcast ausgelost.
Heute: Die SVP.
Die öffentliche Verwaltung zieht in die Cloud. Wie steht die SVP zur Verwendung von Public-Cloud-Dienstleistungen durch Behörden? Welche Daten sollen dort gespeichert werden dürfen? Die SVP begrüsst grundsätzlich die Digitalisierung von Behörden-Dienstleistungen, Bedingung muss aber eine einhergehende Effizienzsteigerung sein. Die Produktivität muss erhöht, die Dienstleistungen müssen günstiger und Verwaltungsstellen abgebaut werden. Die Sicherheit der vertraulichen Dokumente muss jederzeit gewährleistet sein, ansonsten wird eine offene Zusammenarbeit erschwert, was unsere Demokratie schwächen würde. Wir befürworten es, wenn die Behörden für nicht sensible Daten Public-Cloud-Dienstleistungen nutzen. Sensible Daten müssen aber auf eigenen nationalen IT-Plattformen verbleiben. Eine eigene Swiss Cloud, sofern sie technisch vergleichbar sein soll mit grossen internationalen Anbietern, ist jedoch technisch und kommerziell kaum umsetzbar.
Manche Länder verbieten Kommunikationstechnologien von chinesischen Anbietern. In der Schweiz ist solche Netzwerkausrüstung im Einsatz. Muss dagegen etwas getan werden? Die SVP ist grundsätzlich für Technologieoffenheit und lehnt einseitige Verbote für Hersteller aus bestimmten Ländern ab. Die Sicherheit der Daten ist bei jedem Anbieter von den entsprechenden Bundesstellen zu gewährleisten. Unabhängige Organisationen wie das Nationale Testcenter für Cybersicherheit (NTC) können aber Produkte von Anbietern auf Schwachstellen testen. Das ist der bessere Weg, als den Einsatz von Produkten zu verbieten.
Unterstützen Sie die Idee, dass sich grosse Internetplattformen an den Kosten für den Netzausbau beteiligen müssen? Nein.
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Foto: SVP
Mit der Post dringt ein Bundesbetrieb verstärkt in den digitalen Sektor vor. Wie stehen Sie zu den zahlreichen Übernahmen und der Strategie der Post? Die Post hat ihren gesetzlichen Grundauftrag effizient zu erfüllen. Eine Digitalisierung ist nur als Ergänzung des Grundauftrages sinnvoll. Die Post darf den privaten Sektor nicht mit betriebsfremden Akquisitionen konkurrenzieren.
Soll die Schweiz sich eine eigene digitale Währung zulegen? Könnte ein digitaler Franken die Schweizer Wirtschaft voranbringen? Der Schweizer Franken steht heute für Kaufkraft, Stabilität und Vertrauen. Ob ein "digitaler Franken" in irgendeiner Form in den kommenden Jahren eine praktische Anwendung finden wird, muss sich in den nächsten Jahren zeigen.
Die Meldepflicht für Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen kommt. Wie steht Ihre Partei zur Meldepflicht? Geht sie zu weit? Zu wenig weit? Die Meldepflicht, so wie sie heute festgelegt werden soll, geht der SVP zu weit. Gerade der aktuell diskutierte Vorstoss, dass auch Schwachstellen gemeldet werden müssen, lehnen wir strikt ab. Wir haben grundsätzlich kein Problem mit einer Meldemöglichkeit, diese soll aber nicht durch Verbote definiert werden, und erst dann greifen, wenn Cyberangriffe abgewehrt wurden bzw. Schwachstellen geschlossen wurden.
Sollte eine solche Meldepflicht auch für Unternehmen eingeführt werden? Nein, es sollte eine Meldemöglichkeit geben, aber keine Pflicht. Eine Ausnahme sehen wir für Unternehmen, die kritische Infrastrukturen betreiben.
SVP-Nationalrat Franz Grüter: "Bei KI wird nur von Regulierung und nicht von Innovation gesprochen"
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Franz Grüter.
Welches Digital-Thema beschäftigt Sie persönlich am meisten?
Die Künstliche Intelligenz und deren Entwicklung beschäftigt mich. Werden KI-Systeme bald selber dynamische Verhaltensregeln entwickeln können und – ähnlich zu menschlichen Gefühlen – nicht vorhersehbare Handlungen vollziehen können? Es beschäftigt mich auch sehr stark, dass in der Schweiz und Europa nur von Regulierung gesprochen wird, während die USA und China die Innovation vorantreiben. Wir müssen wieder zu einer Denkweise zurückkehren, dass das Vorantreiben von Innovation im Zentrum stehen muss. Eine mögliche Regulation soll erst nachgelagert kommen.
In welchen Bereichen ihres alltäglichen Lebens nehmen Sie die Digitalisierung am stärksten wahr?
In der Kommunikation: Sie wird schnelllebiger, zugespitzter, kürzer und leider oft auch oberflächiger. Kommunikation gleicht heute einem Tennismatch, an welchem beide Spieler mit Volleys am Netz beschäftigt sind und nicht mehr zur Grundlinie zurückweichen wollen.
Wo hat die Schweiz ihrer Meinung nach das grösste Potenzial in der Digitalisierung?
Die Schweiz gehört heute zu den erfolgreichen Standorten innerhalb Europas, wenn es um die Datenbeherbergung geht. Dank stabilen Verhältnissen, einer guten Infrastruktur und gut ausgebildeten Leuten sind wir attraktiv. Dieses Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft und stärkt unsere Position weiter im digitalen Bereich.
Wo sehen Sie die grössten Probleme?
Digitalisierung wird oft mit Demokratisierung gleichgesetzt. Nur weil ein Twitter- bezwiehungsweise X-User eine Meinung teilt, ist er jedoch nicht zwingend repräsentativ. Leider verleihen die Mainstream-Medien beispielsweise X-Meldungen übermässig Gewicht. Meinungsbeeinflussung und Fake News bilden Gefahren für demokratische Staaten.
Braucht die Schweiz eine Digitalministerin oder einen Digitaminister?
Wir haben schon mit sieben Bundesräten alle Hände voll zu tun. Nein, bitte nicht! Innovation entsteht nicht im Staat, sondern bei Unternehmen. Der Staat hat die Aufgabe gute Rahmenbedingungen für Unternehmen zu schaffen. Dann erreichen wir mehr als wenn wir neue Ministerstellen schaffen.
Falls doch, würden Sie sich dieses Amt zutrauen?
Liefern Sie mir bitte einen Arbeitsbeschrieb. Dann schaue ich es mir gerne an.
Welche Rolle soll dem neuen Bundesamt für Cybersicherheit zukommen? Und wie kann die Trennung zwischen zivilen und militärischen Aufgaben bewerkstelligt werden? Die Schweiz hinkt in Sachen Cybersecurity hinterher. Das neue Bundesamt für Cybersicherheit ist dem VBS unterstellt, was durchaus Sinn macht. Die neue Rolle des Bundesamtes für Cybersicherheit sollte es sein, Angriffe auf die digitale Infrastruktur der Schweiz abzuwehren und Betroffenen Hilfestellungen und gegebenenfalls auch Fachexpertise zu bieten. Durch die zunehmend hybriden Bedrohungen werden die Angriffsziele immer diffuser. Ob und in welchem Ausmass eine Trennung der zivilen und militärischen Aufgaben Sinn macht, wird einem dynamischen Lernprozess unterworfen sein.
Wird mit dem revidierten Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen alles besser? Geben Behörden und Verwaltung zu viel Geld für IT-Projekte aus? IT-Projekte müssen zu Effizienzgewinnen führen. Falls nicht, ist davon abzusehen. Die Anschaffungskosten sind oft sehr hoch. Die interne oder externe Vergabe solcher Projekte ist von Fall zu Fall zu evaluieren.
Wie steht die Schweiz bei der Digitalisierung der Verwaltung? Wo sehen Sie den grössten Aufholbedarf? Die Corona-Bewältigung durch den Bund hat gezeigt, dass die Verwaltung in Sachen Digitalisierung massiv hinterherhinkt: Anfangs wurden Daten noch per Fax übermittelt. Es besteht massiver Aufholbedarf in digitalen Dienstleistungen, bei denen vor allem die papierlose Verwaltung und Effizienzsteigerungen im Zentrum stehen müssen. Es darf jedoch keinen Zwang für Bürger geben zu einer rein digitalen Interaktion mit den Verwaltungsstellen.
Der Schweiz fehlen in den nächsten Jahren Tausende IT-Fachkräfte. Müssen als Konsequenz mehr Fachkräfte aus Drittstaaten geholt oder IT-Dienste ausgelagert werden? Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schweiz sowie leistungs- und praxisorientierte Bildungsstätten im Bereich der Informatiktechnologien sind Garanten für möglichst viele IT-Fachkräfte im eigenen Land. Es zeigt sich jedoch, dass die Personenfreizügigkeit und die grenzenlose Zuwanderung den Bedarf an den erhofften Fachkräften nicht decken können. Es kommen zu viele und die falschen Zuwanderer. Es braucht ein Zuwanderungsmodell, das auf Qualitätskriterien basiert, so wie es viele andere Länder bereits sehr erfolgreich anwenden.
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Foto: SVP
Eine mögliche KI-Regulierung ist in der EU und anderen Ländern ein grosses Thema. Welche Schritte muss die Schweiz hier unternehmen? Wo sehen Sie Vorteile, wo Gefahren dieser Technologie? Die Vorstellung einer dystopischen KI, welche den Menschen ersetzt, ist Science-Fiction. In gewissen Bereichen, zum Beispiel im Gesundheitsbereich oder bei Haftungsfragen, mag eine Regulierung Sinn machen. Vielmehr drängt sich aber die Frage auf, wie wir in diesem innovativen Wachstumsbereich in der Schweiz an der Weltspitze mitmachen können ohne den Anschluss zu verlieren. Statt Regulierung plädieren wir für Innovation.
Inwiefern setzt Ihre Partei Künstliche Intelligenz ein? Im Rahmen der heute üblichen Internetnutzung.
Was gehört für Ihre Partei zu einem digitalen Service Public? Wie stehen Sie zur Einführung von E-ID, E-Voting oder dem Elektronischen Patientendossier (EPD)? Die SVP sieht den Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger durch die Digitalisierung des Service Public in Gefahr. Wenn, dann muss immer auch eine analoge Variante zur Verfügung stehen. Wir sind strikte gegen E-Voting, da Wahl- und Abstimmungsmanipulationen heute sehr reale Szenarien sind, die das Vertrauen in die Korrektheit der Auszählung von Wahlen und Abstimmungen gefährden. Damit würde auch das Vertrauen in die direkte Demokratie geschwächt.
Welche Rolle muss dem Datenschutz bei der Digitalisierung solcher Dienste und Personendaten zukommen? Genügen die momentanen Instrumente mit dem aktualisierten Datenschutzgesetz? Der Datenschutz hat erste Priorität. Die Instrumente müssen laufend überprüft und verbessert werden. Mit dem aktuellen Datenschutzgesetz sind wir gut aufgestellt.
Welche Art von Daten sammelt Ihre Partei von Wählerinnen und Wählern? Wir sammeln keine Daten von Wählerinnen und Wählern, die Anonymität von Wahlen und Abstimmungen in einer direkten Demokratie ist absolut zentral. Wir verfügen über diejenigen Daten, welche uns die registrierten SVP-Mitglieder anvertrauen, damit diese die von uns erwarteten Leistungen erhalten können.
Über welche digitalen Kanäle schalten Sie Werbung während Ihrer Wahlkampagne? Internet, Youtube, Facebook, Twitter/X, Instagram, Tiktok, Whatsapp, SMS.

Wahl-Report 2023

Am 22. Oktober stehen die eidgenössischen Wahlen an. Inside-it.ch befragt die 6 Fraktionsparteien im Bundeshaus zu digitalen Themen.

Antworten der Parteien

30. August: GLP 6. September: Die Mitte 13. September: Die Grünen 20. September: SP 27. September: SVP 4. Oktober: FDP

Analysen

Podcast

Wie digitalaffin sind unsere Parteien? Jetzt anhören!

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