Beim finanziell angeschlagenen französischen IT-Dienstleister Atos bleibt derzeit kein Stein auf dem anderen. Seit über einem Jahr ist klar, dass sich der Konzern
in zwei neue Unternehmen aufspalten will: Eviden mit Fokus auf Big Data und Cybersecurity und Tech Foundations für IT-Outsourcing und -Management. Seither ist jedoch viel geschehen.
Eviden-Verkauf sorgt für Aufschrei
Der aktuelle Plan von Atos sieht vor, dass die geplante Umstrukturierung bis zum Ende des Jahres abgeschlossen wird. Dazu will das Unternehmen einen Teil seiner IT-Aktivitäten an den tschechischen Geschäftsmann Daniel Kretinsky verkaufen. Zudem soll die Refinanzierung der Schulden gesichert und eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden.
Gemäss französischen Medienberichten war Kretinsky besonders an der Cybersecurity- und Big-Data-Sparte interessiert. Nach dem Bekanntwerden der Verhandlungen machte jedoch Kritik von französischen Parlamentsmitgliedern und aus dem Militärdepartement das Vorhaben zunichte. Die Kritiker sorgten sich speziell um die nationale Souveränität des Landes.
Laut
'BFM Business' steht Atos darum "in harten Verhandlungen" mit dem tschechischen Geschäftsmann über einen möglichen Verkauf des historischen IT-Dienstleistungsgeschäfts. Zahlen zwischen 100 und 150 Millionen Euro stehen für den schrumpfenden Geschäftsbereich im Raum.
Wie weiter mit Eviden?
Sollte ein solcher Deal zustande kommen, müsste der Konzern eine Lösung dafür finden, wie die in Eviden untergebrachten Geschäftsbereiche gerettet werden könnten. Gemäss dem französischen Sender wird die angestrebte Kapitalerhöhung schwierig zu bewerkstelligen sein, weil der Börsenkurs von Atos sehr niedrig ist.
Der Konzern habe deshalb Alternativen geprüft und hat das heikle Dossier für den Verkauf der Geschäftsbereiche Cybersicherheit und Supercomputer wieder geöffnet, so 'BFM Business'. Selbst Airbus wird vom Medium als möglicher Käufer ins Spiel gebracht. Der Flugzeughersteller hatte schon zuvor
Interesse an einer Übernahme von Eviden signalisiert, sich dann
aber doch zurückgezogen.Poker um Geschäftsbereiche
Laut einem Informanten von 'BFM Business' gibt es bereits entsprechende Kontakte, "aber es ist noch nichts sehr weit fortgeschritten". Bei Atos scheint der Gedanke aber nicht gerade Freude zu verbreiten. "Es würde darauf hinauslaufen, Atos zu zerschlagen und das Geschäft mit digitalen Anwendungen bei Onepoint zu belassen", fasste ein Kenner des Dossiers zusammen.
Onepoint
kaufte Anfang November 9,9 % des Kapitals von Atos und drängte sich beim französischen Tech-Konzern auf. Zuvor hatte das Unternehmen auch bereits ein Angebot von 4,2 Milliarden Euro für eine Übernahme von Eviden abgegeben, das jedoch
abgelehnt worden ist. Deshalb soll Onepoint nun ein Auge auf die digitalen Anwendungen geworfen haben, soll sich aber auch weiterhin vorstellen können, die Securitybereiche zu übernehmen.
"Durch eine Investition von 300 Millionen Euro im Rahmen der angestrebten Kapitalerhöhung kann Onepoint die Macht bei Atos übernehmen", erklärte eine dem Unternehmen nahestehende Quelle gegenüber 'BFM Business'. Damit würde die von David Layani gegründete Firma als Hauptinvestor bei der Kapitalerhöhung von Eviden auftreten.
Kleine gegen grosse Fische
Die Kleinaktionäre lehnen eine solche Transaktion entschieden ab. Sie setzen sich klar für "Kosteneinsparungen von mindestens 500 Millionen Euro ab 2024" ein, so einer von ihnen. Eine weitere Möglichkeit für Atos wäre der Verkauf von Syntel, der amerikanischen Tochtergesellschaft von Atos, die etwa 1,5 Milliarden Euro wert ist.
Die Aktionäre drängten laut dem Fernsehsender auf diesen Schritt. Diese Option wird von der Unternehmensleitung jedoch ausgeschlossen. "Die Hälfte des weltweiten IT-Marktes befindet sich in den Vereinigten Staaten, darauf wollen wir nicht verzichten", sagte ein Mitarbeiter von Atos.