Auf allen Teilen des Globus wird an Künstlicher Intelligenz geforscht. Wir haben uns über den aktuellen Stand bei den Sprachbots schlau gemacht.
Im Bereich der Chatbots und der grossen Sprachmodelle (LLMs) steht derzeit das Kräfteringen zwischen Google und Microsoft zusammen mit OpenAI im Fokus der öffentlichen Debatten. Dabei wird auch in anderen Firmen in der westlichen Welt und in China an der Technologie getüftelt. Das Marktpotenzial ist riesig und kein Technologieunternehmen will ins Hintertreffen geraten.
Während die beiden grossen Anbieter ihre KI-Tools für Konversationen bereits vorgestellt haben, forschen auch weniger bekannte Unternehmen an Sprachmodellen und -Bots. Wir haben uns bei den verschiedenen Anbietern umgeschaut.
Microsoft
Microsoft ist ein grosser Investor von OpenAI. Anfang Jahr hat der Konzern 10 Milliarden Dollar frisches Kapital in das KI-Unternehmen gesteckt.Dabei nutzt Microsoft die Technologie hinter ChatGPT, um eigene KI-Tools zu entwickeln. Bei den Produktveröffentlichungen ist Microsoft vorgeprescht und hat das "neue Bing"präsentiert, eine Suchmaschine, die mit Künstlicher Intelligenz arbeitet.
Der neuste Streich aus Redmond ist Copilot 365.Damit will der Software-Anbieter die Arbeitswelt transformieren, indem die Leistung der LLMs mit Geschäftsdaten und den Microsoft-365-Apps kombiniert werden.
Während Bing zwar anständige Antworten auf Fragen liefern konnte, gab es aber auch Nutzende, die den Chatbot an seine Belastungsgrenze brachten. So hat das System unter anderem seinen internen Spitznamen "Sydney" sowie einige der Parameter, die die Entwickler für das Verhalten festgelegt haben, preisgegeben. Daraufhin hat Microsoft hat die Nutzung des Chatbots eingeschränkt.
Google
Während Microsoft mit seinen Innovationen stets vorausgeeilt ist, hielt sich Google zunächst zurück. Dennoch konnte es der Suchriese dem Konkurrenten nicht durchgehen lassen, einen KI-Chatbot auf den Markt zu bringen, der das Google-Kerngeschäft gefährden könnte.
Nur wenige Wochen nach Microsoft hat Google seinen eigenen KI-Chatbot "Bard" angekündigt und kehrte damit von seinen bisherigen Bedenken ab. Das Tool soll bei der Zubereitung von Kochrezepten, der Planung von Reiserouten oder der Recherche für den Kauf eines Autos helfen können.
Bard bei der Suchfunktion. Screenshot: Google
Das Tool überzeugte allerdings nicht ganz, denn die KI machte bei der ersten Präsentation Fehler. Der Imageschaden war angerichtet. Die Aktie des Mutterkonzerns Alphabet fiel zwischenzeitlich um über 10%. Nachdem der Chatbot danach nur noch einer begrenzten Testgruppe zur Verfügung stand, kündigte Google am 21. März 2023 an, dass Bard für erste Nutzende aus den USA und Grossbritannien geöffnet werden soll.
Google hat in den letzten Jahren viel in die Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz gesteckt. Ein grosser Teil der grundlegenden Technologien, die in modernen generativen KIs wie beispielsweise ChatGPT stecken, wurde von Google entwickelt. Zudem verwendet der Konzern intern schon seit Jahren KI-Systeme und fühlte sich dadurch der Konkurrenz um Jahre voraus.
Nun scheint es allerdings eher so, als stehe das Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Während Microsoft zusammen mit OpenAI dominiert, muss Google stets auf die Entwicklungen bei der Konkurrenz reagieren. So erstaunt es kaum, dass CEO Sundar Pichai KI in alle wichtigen Google-Produkteintegrieren will.
Meta
Nachdem im letzten Jahr noch das Thema Metaverse dominiert hat, ist auch die Facebook-Muttergesellschaft marketingtechnisch auf den KI-Zug aufgesprungen. Vom Unternehmen wurde Sprachmodell entwickelt, das Forschenden bei der Zusammenfassung von akademischen Artikeln, der Lösung von mathematischen Problemen und im Bereich der Chemie helfen soll.
Obwohl der Bot nach eigenen Angaben mit über 48 Millionen Zeitungen, Lehrbüchern, Referenzmaterial, Verbindungen, Proteinen und anderen wissenschaftlichen Quellen trainiert wurde, liefert er keine überzeugenden Ergebnisse. Auch in der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurde das Tool heftig kritisiert. Ein Wissenschaftler bezeichnete es aufgrund seiner falschen oder voreingenommenen Antworten als "gefährlich". Meta nahm den Chatbot bereits nach wenigen Tagen wieder vom Netz.
Erst kürzlich hat Meta dann Forschenden einen Zugang zum Sprachmodell LLaMA (Large Language Model Meta AI) zur Verfügung gestellt. Das System erlaubt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Technologie hinter dem Sprachmodell zu untersuchen, ohne dass sie dabei über die dafür notwendige Infrastruktur verfügen müssen.
Anthropic
Anthropic ist ein KI-Startup, das im Jahr 2021 von ehemaligen OpenAI-Mitarbeitenden gegründet wurde. Das Unternehmen arbeitet an einem eigenen ChatGPT-Konkurrenten namens Claude, der aber noch nicht vollständig veröffentlicht wurde. Google investierte Ende 2022 rund 300 Millionen Dollar in das Startup. Im Februar gaben die beiden Unternehmen eine Partnerschaft bekannt.
Anthropic entwickelt seinen Chatbot mithilfe einer Methode, die Constitutional AI genannt wird. Dabei wird das Sprachmodell mit einer Reihe von etwa 10 "natürlichsprachlichen Anweisungen oder Prinzipien" trainiert. So sollen mögliche Antworten automatisch überarbeitet werden. Das Ziel des Systems ist es, "bessere und harmlosere KI-Assistenten zu trainieren", ohne menschliches Feedback miteinzubeziehen.
Der Dienst könnte eines Tages ein "ernsthafter Konkurrent" für das System von OpenAI werden, schreibt 'Scale'. Und das, obwohl Claude derzeit noch immer mit sachlichen und mathematischen Fehlern zu kämpfen hat. Das Sprachmodell ist derzeit erst als Early-Access-Produkt für Unternehmen verfügbar.
Baidu
Insbesondere der amerikanische Chatbot ChatGPT ist auch in China ein Thema. Ein Zugang zum ausländischen Sprachmodell wird zwar weder direkt vom Entwickler angeboten, noch ist die Website über das chinesische Internet abrufbar, aber mit einem VPN-Service lassen sich diese Hürden umgehen, schreibt die 'NZZ'. Deshalb gibt es auch in China Menschen, die sich mit der Technologie befassen.
Einen chinesischen Chatbot mit dem Namen"Ernie" gibt es von Baidu. Dieser unterliegt allerdings auch einer Zensur und ist deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. "Wir können beileibe nicht behaupten, dass es perfekt ist", wurde Baidu-Chef Robin Li bei der Vorstellung zitiert.
Auf die Frage, weshalb der Chatbot trotzdem präsentiert wurde, antwortete der CEO: "Weil der Markt es verlangt." Auch hier dürfte der Druck der in- und der ausländischen Konkurrenz so gross gewesen sein, dass man sich dazu entschied, besser ein halbfertiges als gar kein Produkt vorzustellen. Gegenüber 'The Register'kündigte das Unternehmen zudem an, dass der Chatbot auch für Clouddienstleistungen und APIs geöffnet werden soll. Wann Ernie breit verfügbar wird, ist noch nicht bekannt.
Alibaba
Der chinesische Internet-Händler und Cloud-Provider Alibaba experimentiert Berichten zufolge bereits seit 2017 mit Künstlicher Intelligenz, hat aber noch kein Produkt angekündigt. Anfang Februar sagte ein Unternehmenssprecher gegenüber'CNBC', dass das Unternehmen intern einen eigenen Chatbot testet.
Alibaba muss möglicherweise noch einige Hürden überwinden, bevor seine eigene Version marktreif ist. Einem Bericht von 'Nikkei Asia' (Paywall)zufolge haben die chinesischen Aufsichtsbehörden den Tochtergesellschaften Tencent und Ant Group mitgeteilt, dass sie den Zugang zu ChatGPT einschränken müssen, weil der Bot unzensierte Inhalte verbreiten könnte.
Zudem müssen sich die Unternehmen mit der Regierung abstimmen, bevor sie ihre eigenen Bots der Öffentlichkeit zugänglich machen dürfen. Ähnliche Regeln gelten auch für alle anderen chinesischen Unternehmen, die KI-Chatbots entwickeln wollen.
Aleph Alpha
Das KI-Rennen wird zwar von den USA dominiert, aber auch in Europa wird an den grossen Sprachmodellen getüftelt. Bei einem Leistungsvergleich hat das Heidelberger Startup Aleph Alpha fast gleich gut abgeschnitten, wie die Konkurrenz aus den USA. Das Programm Luminous sei als erstes europäisches KI-Sprachmodell auf Augenhöhe mit den amerikanischen Tech-Giganten gelandet, berichtet 'SWR'.
Zu diesem Resultat kam ein standardisierter wissenschaftlicher Vergleich, der unter anderem Aufgaben zum Auswerten und Erstellen von Texten umfasste. Im Vergleich zur Konkurrenz besitzt Luminous aber nur etwa halb so viele Parameter. Das zeugt von einer hohen Effizienz bei gleichem Leistungsniveau.
Im Gegensatz zu den grossen Techfirmen will Aleph Alpha aber kein Massenprodukt für private Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen, denn der Betrieb von Millionen von Anfragen täglich ist teuer. Ziel ist es, Luminous aus einem eigenen Rechenzentrum Unternehmen weltweit anzubieten.